In den letzten Tagen ist in den Schweizer Medien darüber berichtet worden, dass Anzeigen gegen die Polizei sprunghaft angestiegen sind, und dass es zum neuen «Volkssport» geworden sei, Polizisten anzuzeigen.
Diese Sicht, die unterstellt, dass Anzeigen gegen die Polizei grundlos und bloss aus «Spass» gemacht würden, weisen wir entschieden zurück.

Seit Jahren machen wir im Gegenteil die Erfahrung, dass es für Betroffene von Polizeiübergriffen sehr schwierig ist, gegen die Polizei zu klagen und die eigenen Rechte wahrzunehmen.
Zwei aktuelle Beispiele unter vielen: Uns wurde ein Video zugespielt, in dem deutlich zu sehen ist, wie drei Beamte einen bereits am Boden liegenden Mann traktieren, der keinerlei Gegenwehr leistet. Der Mann konnte seine Verletzungen medizinisch dokumentieren. Weil er keinen unabhängigen Zeugen hatte und eine Gegenanzeige der Polizei fürchtete, hat er von juristischen Schritten gegen die Polizei abgesehen. Das zweite Beispiel: Eine unbeteiligte Person wird am Rande einer Demonstration verhaftet und ohne Begründung auf den Polizeiposten gebracht. Dort muss sie sich nackt ausziehen und wird erkennungsdienstlich behandelt. Die Polizei erkennt ihren Fehler und lässt die Person wieder laufen. Auf Nachfrage von augenauf bestreitet die Polizei bestimmte Sachverhalte im Ablauf. Da die Person alleine zum Polizeiposten gebracht wurde und keine Zeugen hatte, kann sie die erlittene Behandlung nicht beweisen.
Die Beispiele zeigen, dass es mitnichten ein Volkssport ist, die Polizei anzuzeigen, sondern dass diese Anzeigen vielmehr nur die Spitze des Eisbergs sind, dessen, was eigentlich zur Anzeige gebracht werden müsste, aber folgenlos bleibt. In der Oktober-Ausgabe des Bulletins Nr. 90 der Menschenrechtsgruppe augenauf analysieren wir unter dem Titel «Wer kontrolliert die Polizei?» die Gründe für die Schwierigkeiten der von Polizeigewalt betroffenen Menschen, sich zu wehren (das Bulletin ist hier abrufbar).Weitere Fälle sind auch in der augenauf-Publikation «dem einfach etwas entgegensetzen» (2015) dokumentiert.
augenauf Basel fordert darum seit Jahren eine niederschwellige und unabhängige Beschwerde- und Kontrollinstanz, um Polizeiübergriffe untersuchen zu lassen.

06.10.2016, augenauf Basel