Tagblatt vom 12.05.2003
«Schluss mit Abbau!»
Demonstranten fordern gleiche Rechte für alle und Sparstopp im Asylwesen

st. gallen. Im Gedenken an den toten Asylbewerber Nnamdi Toni demonstrierten am Samstag mehrere hundert Menschen friedlich. Mit Kritik wurde nicht gespart.

sarah gerteis

Die Gruppe «Augenauf» aus Zürich und der CaBi-Antirassismus-Treff organisierten am Samstagnachmittag eine Demonstration unter dem Motto «Dieser Flüchtling hätte nicht sterben müssen! Schluss mit Diskriminierung und Abbau im Asylwesen!».

«Bekämpft die Polizei»

Eine Hand voll Menschen besammelte sich am frühen Samstagnachmittag auf dem Bahnhofplatz, ausgerüstet mit Plakaten und Megaphonen. Es schien zunächst, die St. Galler seien demonstrationsmüde geworden. Nach und nach jedoch wuchs der Demonstrationszug laut Polizeiangaben auf rund 300 Leute an. Angeführt von einer aufgebahrten «Leiche» liefen die Teilnehmer durch die Altstadtgassen bis zum Waaghaus, begleitet von Trommeln und Sprechchören. «No justice, no peace, fight the police» - «keine Gerechtigkeit, kein Frieden, bekämpft die Polizei». Die anwesenden Polizisten nahmen die ihnen zugedachte Rolle als Sündenböcke gelassen zur Kenntnis. Vor dem Waaghaus fand schliesslich die eigentliche Kundgebung statt. Während I.v.H. vom CaBi die Geschehnisse rund um den Tod von Nnamdi Toni vortrug, schrie ein Passant: «Selber schuld, verreckt doch alle!» Ein paar provozierte Teilnehmer rannten ihm nach. Die Auseinandersetzung konnte jedoch schnell geschlichtet werden.
Darauf wurde ein englischer Text vorgetragen, den Freunde von Toni geschrieben hatten. Darin wurden die Verhältnisse im «Thurhof» angeprangert: man behandle die Asylbewerber wie Sklaven, das Essen sei schlecht und die Zimmer klein.

Schuldzuweisung

Nach einer Schweigeminute informierte R.Z. von «Augenauf» über die neusten Erkenntnisse der Untersuchungen. Juristisch müsse man warten. Ansonsten aber müsse gehandelt werden, damit nie wieder so etwas geschehe. J.T. forderte, dass die Schweiz ihre humanitäre Tradition beibehält. Als M.W. vom CaBi die Kundgebung für beendet erklären wollte, meldete sich noch ein Mann zu Wort. Er glaubte die verantwortliche Person zu kennen: «Es ist Bundesrätin Ruth Metzler.»

Ärztliche Hilfe verweigert?

Nnamdi Toni starb am 12. Februar dieses Jahres an einer Lungenentzündung im Durchgangszentrum Thurhof in Oberbüren. Der Heimleitung wird vorgeworfen, man habe dem Nigerianer die ärztliche Hilfe verweigert. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.