zurück Archiv HomeHome augenauf

  Wenn die Polizei schwarz sieht ...
Von versehentlich Kontrollierten und unsicheren Sicherheitsholstern
Juli 2003
 


Unter dem reisserischen Titel "Versuchte Tötung eines Polizisten" unterbreitete die Basler Staatsanwaltschaft der Öffentlichkeit in einer Medienmitteilung vom 19.07.2003 ihre Sicht des Verlaufs einer Personenkontrolle: vier nigerianische Staatsangehörige hätten sich gestritten, die Polizei sei auf den Anruf einer Anwohnerin hin gekommen und habe die Ausweise sehen wollen. Die Männer hätten sich aber der Kontrolle widersetzt. Plötzlich habe sich einer der Schwarzen auf einen Polizisten gestürzt, sei mit ihm zu Boden gegangen, habe ihm die Dienstwaffe aus dem Holster gerissen und abgedrückt.

 
 

Und wie so oft, meldeten sich bei der Presse und bei augenauf Zeugen, welche den Vorfall (übereinstimmend) anders gesehen hatten.

Aufgrund von Recherchen durch augenauf Basel ergibt sich folgender Ablauf:

Tatsächlich stritten sich zwei Afrikaner direkt vor dem Haus der Frau, welche die Polizei aufgeboten hatte. Bis der erste Polizeiwagen auftauchte, hatten sich die Streithähne jedoch in eine Seitenstrasse abgesetzt. Die vorbeirasende Streife reagierte nicht auf das Winken eines die Polizei erwartenden Zeugen und hielt erst etwa 200 Meter weiter vorne an, wo sich vor einem Hauseingang vier Nigerianer unterhielten. Die Beamten sprangen aus dem Fahrzeug und herrschten die verdutzten Männer an, sich auszuweisen. Diese wollten wissen, was denn der Anlass sei. Ein Diskussion begann, welche durch das Klingeln des Handys eines der Anwesenden unterbrochen wurde. Als dieser das Gespräch entgegennehmen wollte (er erwartete einen Anruf seiner Frau), wurde er von einem der Polizisten angeschnauzt "Lass das! Ich bin noch nicht mit Dir fertig!". Der Mann ignorierte den nicht eben höflich vorgetragenen Befehl, worauf sich erst einer, dann drei weitere Polizisten auf ihn stürzten und ihn zu Boden rissen (inzwischen war ein zweites Polizeiauto eingetroffen - auch dessen Fahrer hatte das Winken der Zeugen der ursprünglichen Rauferei ignoriert).

Wie die Waffe schliesslich aus dem Sicherheitsholster in die Hand des Kontrollierten gelangen konnte, wer sie wann entsichert hatte, wer letztendlich den Finger am Abzug hatte, ob es ein Unfall, eine Panikreaktion oder tatsächlich ein vorsätzlicher Tötungsversuch war, konnte keineR der ZeugInnen mit Sicherheit sagen. Gesichert ist nur, dass sich im Verlauf der Rauferei ein Schuss gelöst hatte, welcher aber glücklicherweise nur eine Mauer traf.

Ein schlechtes Licht auf die Sachlichkeit der Kontrolle belegt auch die Aussage eines Zeugen, welcher das Wort "Sauneger" aus dem Mund eines Beamten gehört hatte (als er dies später auf dem Posten zu Protokoll bringen wollte, verweigerte der aufnehmende Polizist die Niederschrift des Schimpfwortes mit der Begründung, dass er keine rassistischen Ausdrücke zu schreiben bereit sei).

 
 

Festzuhalten bleibt:

  • Die Polizei hat es nicht für nötig befunden, sich vor Ort durch die anrufende Zeugin über Details aufklären zu lassen, sondern ist weitergefahren, bis sie die erste Gruppe Schwarzer sah.
  • Obwohl eigentlich klar ersichtlich hätte sein müssen, dass es hier keinen Streit zu schlichten gab, fixierten sich die Beamten auf das völlig unbeteiligte Grüppchen. Eine Rückfrage bei der anrufenden Zeugin hätte genügt, um das Missverständnis zu klären.
  • Mit etwas mehr Fingerspitzengefühl, etwas mehr Höflichkeit und etwas weniger Voreingenommenheit gegenüber dunkler Hautfarbe wäre die Situation wohl kaum eskaliert.