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  Dein Freund und Helfer ....
Misshandelt, gedemütigt und beschimpft
Jan. 2004
 

Gefesselt und im eigenen Urin in einer Polizeizelle liegend: So verbringt eine Frau die Nacht - nicht in Afghanistan oder Guantanamo, sondern in Basel. Sie versucht noch heute, sich vom Erlebten zu erholen.

 
 

Seraina Schneider (Name geändert) kommt aus Nordafrika und lebt seit einem Vierteljahrhundert in der Schweiz . Die mit einem Schweizer verheiratete Mutter von drei Kindern trifft sich am 10. Januar 2004 mit Kolleginnen und Kollegen in einem Restaurant in Kleinbasel, wo gefeiert und getrunken wird. Gegen Mitternacht versucht ein Mitarbeiter des Lokals, sie übers Ohr zu hauen, worauf sie mit ihm in Streit gerät. Als der hinzugerufene Chef sie auch noch auf das Übelste beschimpft, gehen ein paar Teller in die Brüche. Der Chef ruft die Polizei.

Ohne Abklärung des Sachverhaltes wird die "gemeingefährliche" - 165 cm grosse und 54 kg schwere - Frau von den anrückenden Beamten von hinten brutal gepackt, zu Boden geworfen. Ihr werden Hand- und Fussfesseln angelegt. Zur Freude von Schaulustigen liegt sie - mit dem Kopf zu Boden gedrückt und mit einem bis zu den Hüften hochgerutschten Minijupe - mitten auf dem Trottoir, bis sie von vier Beamten in den Polizeiwagen verfrachtet und zum Claraposten gebracht wird. Dort zerren die Polizisten sie aus dem Auto und schleifen sie wie einen Hund über den Boden in den Polizeiposten. Sobald sie ein Wort zu sagen versucht, drücken die "Freunde und Helfer" ihren Kopf zu Boden, beschimpfen und treten sie.

 
 

"Allah-Gesänge" und Bin Laden

Schliesslich wird sie - weiterhin gefesselt an Händen und Füssen - in die Zelle geworfen. Die Beamten machen sich die ganze Nacht einen Jux daraus, das Licht ein- und auszuschalten, über Lautsprecher Nachrichten von Bin Laden und Saddam Hussein sowie arabische Musik laufen zu lassen und sich selbst in "Allah-Gesängen" zu versuchen. Sie beschimpfen Seraina Schneider als Arabersau, Hure, Drecksau. Als die Frau darum bittet, ihr die Fesseln zu lösen, damit sie auf die Toilette gehen kann, wird ihr geraten, Allah zu rufen, damit dieser öffne. Die "Scherze" der Polizisten machen auch davor nicht Halt, das Wasser in der Zelle abzustellen, als die Frau ihren Durst stillen will.

Der Ehemann der Gedemütigten, Hans Schneider, wird kurz nach der Verhaftung von einem Kollegen seiner Frau informiert. Er versucht, seine Frau abzuholen, was ihm jedoch von der Polizei verwehrt wird. Erst am nächsten Morgen, nachdem Seraina Schneider die ganze Nacht - an Händen und Füssen gefesselt - in der Zelle verbracht hat, kann er sie abholen. Er fährt sie ins Spital, wo ihre diversen Verletzungen - zum Beispiel ein etwa zwei Handflächen (!) grosses Hämatom am Gesäss - festgestellt werden. Das Röntgen der stark geschwollenen Gelenke zeigt glücklicherweise keine Frakturen.

Dank der "Hilfe" der Polizei wird Seraina Schneider seit dem 10. Januar von Albträumen geplagt. Nach wie vor befindet sie sich in psychologischer Behandlung, um das Erlebte zu verarbeiten. Sie lässt sich aber auch juristisch beraten und reicht Strafanzeige gegen die beteiligten Beamten ein.

 

Das Opfer soll zahlen

Kaum ist die Anzeige eingereicht, erhält Seraina Schneider Post von der Polizei: In einem Strafbefehl wird sie unter anderem wegen groben Unfugs (von Seraina Schneider oder den Polizisten?) sowie erheblicher Diensterschwerung mit 700 Franken gebüsst. Zudem wird die Zellenreinigung geltend gemacht, da die "Zelle durch die Verzeigte mit Urin verschmutzt wurde". Spannend dürfte sicherlich eine "Tatortbesichtigung" durch das Gericht verlaufen, bei der eine Frau versucht, mit auf dem Rücken gefesselten Händen und Füssen akrobatisch die Toilette zu benützen, ohne dass etwas daneben geht.

Dies alles ist selbstverständlich nur geschehen, um Seraina Schneider zu helfen. So sieht das zumindest die Polizei, die im Protokoll festhält, dass Schneider "zu ihrer eigenen Sicherheit (Verletzungsgefahr) in der Zelle Hand- und Fuss-Fesseln angebracht werden mussten". Auch im Lokal-TV-Sender "Telebasel" weist die Polizei alle Vorwürfe kategorisch von sich.

Seraina Schneider versucht bis heute, sich von den erniedrigenden Erlebnissen zu erholen. Dabei sinniert sie: "Würde ich meine elterliche Gewalt in ähnlicher Weise ausüben wie die Beamten ihre polizeiliche Gewalt, würde mir mit ziemlicher Sicherheit die elterliche Gewalt entzogen. Dass mich die Polizei die ganze Nacht mit Hand- und Fussfesseln in eine Zelle sperrt, scheint jedoch völlig normal zu sein. Nicht weniger als acht Beamte werden im Polizeiprotokoll als Auskunftspersonen angegeben, die dies anscheinend alle als rechtmässige Ausübung ihrer polizeilichen Gewalt ansehen."