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Ausschaffungshaft Solothurn

Briefwechsel mit dem Regierungsrat


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Mit einem Einschreiben wandte sich augenauf Basel an den Vorsteher des Departementes des Innern, Regierungsrat Rolf Ritschard, um ihn auf die Missstände aufmerksam zu machen.

Nach knapp drei Wochen lag die Antwort vor. Tenor: alles sei in Ordnung, wenngleich in der Vergangenheit auch schicksalsbedingte Restriktionen unausweichlich gewesen seien.


augenauf Basel
Postfach
4005 Basel
Tel. 061/ 681 55 22
EINSCHREIBEN
  Regierungsrat Rolf Ritschard
Departement des Innern
Ambassadorenhof
4509 Solothurn
  Basel, den 1. Februar 2001

Betrifft: unzulässige Haftsituation von ausländerrechtlich Inhaftierten im UG Solothurn

Sehr geehrter Herr Ritschard,

augenauf ist eine Menschrechtsorganisation, die sich unter anderem um Opfer von behördlichen Übergriffen kümmert.
In diesem Zusammenhang wurden wir auf Missstände im Ausschaffungsgefängnis Solothurn aufmerksam gemacht. Seit Monaten wird der gesetzlich vorgeschriebene, tägliche Hofgang den ausländerrechtlich Inhaftierten im Untersuchungsgefängnis Solothurn häufig
vorenthalten. Ab und an können die Insassen sich in einem Raum die Beine vertreten, der via ein Absperrgitter in der Wand Ausblick auf den eigentlichen Spazierhof gewährt. Oft können sie aber ihre Zellen gar nicht verlassen, müssen Morgen- , Mittag- und Abendessen dort einnehmen, können höchstens am Nachmittag zwei Stunden im Gang auf- und abgehen oder duschen. Sie sind so bis zu zweiundzwanzig Stunden eingesperrt. Besonders tragisch wird dies für Insassen, die die Zeit alleine in einer Zelle verbringen müssen.

Diese Praxis widerspricht eindeutig der Gesetzgebung und diversen Bundesgerichtsurteilen zu diesem Thema.

Die Inhaftierten können zur Zeit weder arbeiten, noch haben sie die Möglichkeit, sich anders zu beschäftigen (z.B. sportliche Aktivitäten). Viele ertragen diese äusserst belastende Situation nur mit der regelmässigen Einnahme von Beruhigungsmitteln.

Zudem wird auch das Postgeheimnis nicht gewahrt. Briefe wurden - obwohl z.B. der Empfänger nie Kontakt zur Drogenszene hatte, und somit auch keine Sicherheitskontrolle gerechtfertigt werden kann - geöffnet.

augenauf Basel ist äusserst besorgt über diese alarmierenden Situation.
Wir bitten Sie, kraft ihres Amtes die Haftbedingungen in Solothurn zu überprüfen und für eine Beendung der unzumutbaren und zum Teil illegalen Zustände zu sorgen.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen

augenauf Basel

Ambassadorenhof, 4509 Solothurn
Telefon 032 627 28 22 / Telefax 032 627 29 82
KANTON SOLOTHURN
DEPARTEMENT DES INNERN
  augenauf Basel
Postfach
4005 Basel
Ihr Schreiben vom 1. Februar 2001 betr. "unzulässige Haftsituation von ausländerrechtlich Inhaftierten im UG Solothurn"

Sehr geehrte Damen und Herren

Besten Dank für Ihren Brief. Nachdem wir verschiedene Abklärungen getroffen haben, können wir Ihnen folgendes mitteilen:

Täglicher Spaziergang, gemeinsames Essen?

Seit längerer Zeit galt im Ausschaffungstrakt die Ordnung, dass die Zellen am Morgen geöffnet und erst am späteren Nachmittag wieder geschlossen wurden. In dieser Zeit konnten sich die Insassen frei im Gang und im Aufenthaltsraum bewegen, den eigenen Spazierhof benützen und das Essen gemeinsam einnehmen. Jeweils am Dienstag- und Freitagmorgen blieben die Zellen wegen Reinigungsarbeiten geschlossen.

Diese Ordnung musste ab 3. September 2001 vorübergehend erheblich eingeschränkt werden. Wie bekannt ist, flüchteten damals drei Insassen aus dem Ausschaffungstrakt. Dabei wurden Sicherheitseinrichtungen sowohl im Aufenthaltsraum als auch auf dem Spazierhof massiv beschädigt. Das Beheben dieser Schäden benötigte viel Zeit (Material musste bestellt werden, das Material musste zusätzlich behandelt werden etc.). Aus Sicherheitsgründen mussten deshalb der Aufenthaltsraum und auch der Spazierhof geschlossen bleiben. Die Insassen konnten sich in dieser Zeit lediglich in ihren Zellen und tagsüber zusätzlich im Gang aufhalten. Am 27. Oktober 2000 konnte der Aufenthaltsraum wieder freigegeben werden. Der Spazierhof konnte erst am 26. Januar 2001 wieder geöffnet werden, weil es bei der Reparatur unerwartete Schwierigkeiten gab. Ab diesem Zeitpunkt bestand somit wieder ausreichend Gelegenheit, für Spaziergänge im Freien etc.

Im übrigen konnte im Zeitraum, in welchem die Insassen des Ausschaffungstraktes räumlich eingeschränkt waren, kein erhöhter Konsum von Beruhigungsmitteln festgestellt werden.

Erfahrungen haben gezeigt, dass die Insassen im Ausschaffungstrakt vor dem Mittagessen kaum einmal ihre Zellen verliessen. Dies führte mit der Zeit dazu, dass die Zellen bis nach dem Mittagessen geschlossen blieben.
Dieses eher einschränkende Regime wurde nach unseren Feststellungen akzeptiert. Weder der Verwaltung des UG, noch den Aufsichts- oder Gerichtsbehörden wurden je Klagen zugetragen. Ansonsten hätten wir frühzeitig interveniert. Die Insassen hatten offenbar kein Bedürfnis, die Zellen vormittags zu verlassen. Uns ist jedoch bewusst, dass letztendlich entscheidend ist, ob die Insassen die Möglichkeit haben, die Zellen zu verlassen. Ob sie davon auch tatsächlich Gebrauch machen oder nicht, ist unwesentlich. Seit dem 9. Februar 2001 sind deshalb die Zellen wieder ganztags (0830 - 1700 Uhr) geöffnet. Lediglich für Reinigungsarbeiten bleiben die Zellen vorübergehend geschlossen. Die Insassen haben im erwähnten Zeitraum auch Zutritt zum Aufenthaltsraum, zum Spazierhof und zu den Duschen. Sie haben damit ebenfalls Gelegenheit, gemeinsam zu essen.

Arbeit?

Bis Ende 2000 waren wir in der Lage, den Insassen jederzeit eine regelmässige Arbeit anzubieten. Der entsprechende Auftrag lief dann aber aus. Die Verwaltung des UG Solothurn hat frühzeitig Anstrengungen unternommen, um eine andere geeignete Arbeit zu finden. Diese blieben vorerst jedoch erfolglos. Erst Ende Januar gelang es dann der Verwaltung bei einer Firma einen neuen Auftrag hereinzuholen. Das Arbeitsmaterial wird aus den USA geliefert. Der genaue Zeitpunkt der Lieferung ist noch offen. Sobald diese eingetroffen ist, kann wieder jeder Insasse des Ausschaffungstraktes arbeiten. Es bleibt jedoch darauf hinzuweisen, dass die Insassen jederzeit gegen Bezahlung Reinigungsarbeiten übernehmen konnten und können. Kritik an Arbeitsmöglichkeiten halten wir deshalb für unangebracht.

Brief- und Paketpost?

Die Briefpost unterliegt grundsätzlich keiner Kontrolle. Nur im Einzelfall, beim Vorliegen besonderer Sicherheitsbedürfnisse, wird diese zu Kontrollzwecken geöffnet. Diese Massnahme musste bis heute nur äusserst seiten getroffen werden. Die Paketpost wird - aus Sicherheitsgründen (vgl. den oben erwähnten Ausbruch) - generell geöffnet und der Inhalt mit dem Röntgenapparat kontrolliert. Demnach ist das Postgeheimnis, soweit erforderlich, gewahrt.

Fazit?

Unter Würdigung der gesamten Umstände sind wir deshalb der Auffassung, dass die Haftbedingungen der Ausschaffungshäftlinge im UG Solothurn den bundesrechtlichen Anforderungen an ein entsprechendes Haftregime gerecht werden.

Solothurn, 21. Februar 2001 Mit freundlichen Grüssen
DEPARTEMENT DES INNERN
Der Vorsteher:
R. Ritschard, Regierungsrat
Kopie an:
  • Amt für öffentliche Sicherheit
  • Herrn W. Nyffenegger, Verwalter UG Solothurn
 

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