Basellandschaftliche ZeitungErschienen am: 19.07.2002


Basler Menschenrechtler haken nach

ASYL-UNTERKUNFT /Die Basler Menschenrechts-Organisation «Augenauf» kritisiert zum wiederholten Mal die Zustände in Münchenstein. Gemeinde und Kanton relativieren. Eine neue Asyl-Unterkunft steht in Aussicht.

Anfang März protestierten die Aktivisten der Menschenrechtsorganisation vor dem Einkaufszentrum Gartenstadt gegen die, wie sie es nannten, «Käfighaltung» der Flüchtlinge.
ENGE VERHÄLTNISSE. Mangelnder Platz führt immer wieder zu Problemen unter den Bewohnern der Asylunterkunft
FOTO FROSSARD

MUNCHENSTEIN. Mit einem Brief an die Gemeinde, an Regierungsrat Adrian Ballmer und an die Medien machte die Basler Menschenrechtsorganisation «Augenauf» ein weiteres Mal auf die ihrer Ansicht nach «menschenverachtenden Verhältnisse» in der Asyl-Unterkunft an der Bottmingerstrasse in Münchenstein aufmerksam.
Kritisiert wurden die enge Platzsituation und die schlechten hygienischen Verhältnisse in der Asylunterkunft. Seither verschickte die Organisation «Augenauf» mehrere Briefe an die zuständigen Behörden. Ihrer Meinung nach habe sich die Situation in der Asyl-Unterkunft bis jetzt nicht gross verbessert.
Die Gemeinde übernehme offenbar keine Verantwortung, sagt Georg B. von der Organisation «Augenauf». Seiner Meinung nach lege die Gemeinde eine «Verweigerungshaltung» an den Tag. Obwohl sie eine Besserung in Aussicht gestellt habe, sei noch nichts geschehen.

Viele Bewohner der Unterkunft stehen der Situation nicht gerade positiv gegenüber. Menschen unterschiedlichster Herkunft und mit verschiedenen Gewohnheiten lebten auf engem Raum zusammen, erklärt ein Flüchtling. Dies führe automatisch zu Problemen. Kritisiert wird auch, dass es zum Toilettenraum, der direkt neben den Schlafräumlichkeiten liegt, keine Türe gibt, und der Raum schlecht belüftet sei. Aus den Plumpsklos dringe deshalb nicht selten ein übler Gestank in die Schlafräume.

Die Münchensteiner Gemeindeverwalterin Béatrice Grieder befindet die Zustände in der Asyl-Unterkunft aber als nicht so schlimm. Sie gibt zwar zu: «Man hätte es sicher anders machen können, mit mehr Komfort.» Aber, so Grieder weiter, das Geld, das ihnen zur Verfügung stehe, sei knapp bemessen. Vor allem für Investitionen könnteri die Bundesgelder nur begrenzt eingesetzt werden, sagt Grieder. Für Georg B. von «Augenauf» sei dies keine Frage des Geldes. Die Gemeinde habe die finanziellen Mittel sehr schlecht eingesetzt, so B.. Man hätte schon früher eine bessere Unterkunft suchen sollen.
Eine Sanierung der bestehenden Unterkunft sei laut Grieder nicht weiter verfolgt worden, weil der Vertrag mit dem Leiter des Wohnheims, Roland Probst, Ende März 2003 ausläuft. Dann wird die Asyl-Unterkunft an der Bottmingerstrasse geschlossen. Die Räumlichkeiten sind schon jetzt zur weiteren Vermietung ausgeschrieben.

Das Asylwesen als Gratwanderung

Einige Verbesserungen hat es allerdings gegeben: So wurde eines der beiden defekten Plumpsklos repariert. Zudem haben sich die Platzverhältnisse im vorderen Wohnhaus durch eine Umnutzung der Räume verbessert.

Unter den Bewohnern der Unterkunft hört man auch positive Ansichten. Einige schätzen den Vorteil, dass man in der Unterkunft sein Essen selber zubereiten kann. Andere wollten trotz Angebot nicht in eine andere Unterkunft ziehen, sondern in Münchenstein bleiben.

«Es ist einigermassen gegangen», kommentiert Grieder die Verhältnisse in der Asyl-Unterkunft. Sie bezeichnet das Asylwesen als «Gratwanderung» zwischen Forderungen nach mehr Massnahmen und Forderungen nach weniger Aufwand: «Die einen wollen, dass mehr, die anderen, dass weniger gemacht wird.»

Auch für Rudolf Schaffner, Leiter des kantonalen Sozialamtes, sieht die Situation in Münchenstein weniger schlimm aus. Er gibt zwar zu: «Die Verhältnisse sind nicht optimal.» Aber es komme auf die Perspektive an: «Die einen vergleichen es mit dem Bruderholz, die anderen mit einer Bauernfamilie im Emmental.» Für Schaffner sei das Thema heute «kalter Kaffee». Man habe im April mit der Gemeinde das Gespräch aufgenommen. Jetzt sei diese daran, eine neue Unterkunft zu suchen.
Ein Grundstück, das dafür in Frage komme, habe die Gemeinde laut Béatrice Grieder schon im Auge. Dort gebe es aber noch kein Haus. Für Grieder stehe im Vordergrund, die Leitung der neuen Asyl-Unterkunft auch in Zukunft extern zu vergeben. Die Organisation «Augenauf» kündet aber vorerst an, weitere Massnahmen zu ergreifen, die zur Besserung der «unakzeptablen» Verhältnisse in der jetzigen Unterkunft führen sollen. (sb)

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