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Kein Blut für Oel!
Demonstration gegen US-Kriegstreiberei
Basel, 7.12.2002

  plakat
  
 


Gut 1000 Personen (die Polizei reportierte unter Anwendung des üblichen Verniedlichungsfaktors "ca. 500") hatten sich im Elisabethenpark besammelt, welcher schon vor Demobeginn durch ein Grossaufgebot von Polizeigrenadieren in Vollmontur, ausgerüstet mit Videokameras, Tränengaswerfern und Gummigeschoss-, sowie TG-Petarden-bestückten Karabinern, umstellt wurde.

Im eingekesselten Park war von SchülerInnen bis zu RentnerInnen alles anzutreffen, verschiedene Gruppierungen nutzten die Gelegenheit, um für kommende Anlässe zu mobilisieren (WEF, Knast-Demo in Zürich usw.).
Die in grosser Zahl gespannten Transparente befassten sich jedoch programmgemäss mit dem drohenden Krieg der USA gegen den Irak. Unter anderem war zu lesen: "Das Kapital braucht den Krieg - Wir Menschen brauchen den Frieden", "Nein zum imperialistischen Krieg - Nein zur Imperialmacht der USA", "Stoppt die Wahnsinnigen - Kein Krieg für Öl", "Stopp der imperialistischen Aggression", "Es gibt keinen Weg zum Frieden - Frieden IST der Weg", "Kein Blut für Öl" usw..
Beinahe pünktlich formierte sich der Zug. Weder die feuchtkalte Witterung, noch die übertrieben markierte Polizeipräsenz vermochten die gute Stimmung zu drücken, auch wenn vereinzelt die Befürchtung geäussert wurde, dass man im Park eingekesselt bleiben werde.

 

Zum Erstaunen der ManifestantInnen öffnete sich dann aber die Polizeikette, als sich der Zug in Richtung Aeschenplatz bewegte, wo es für die Dauer einer Rede zu leichten Verkehrsbehinderungen kam (die meisten AutofahrerInnen im Aeschengraben liessen sich jedoch nicht aufhalten und rasten ungebüsst auf dem Trottoir an der Demo vorbei). Eine zusätzliche Verzögerung entstand, weil sich Polizei und Demo nicht über die Route einigen konnten,- schliesslich obsiegten die Vorstellungen der Demo und der Transpi-Wald bewegte sich zum Bankenplatz.

Dort dasselbe Theater: Die Polizei riegelte erst alle Zugänge zur Innenstadt ab und wollte den Zug in Richtung Wettsteinbrücke abdrängen, gab dann aber doch den Weg zum Barfüsserplatz frei, wo das Publikum des Weihnachts-Marktes mit einer weiteren Rede über Sinn und Zweck der Manifestation orientiert wurden, währenddem geschlossene Polizeiketten den Willen der Obrigkeit zum Ausdruck brachten, keine DemonstrantInnen zu Basels vergoldeter Einkaufsmeile zuzulassen.
Der Weg zum Marktplatz war gesäumt von blauen Overalls, weissen Helmen und Plastikschildern,- die martialische Präsenz der Staats- und Schaufensterbeschützer passte zum Anliegen der bunten Demo nach Frieden wie die Faust auf's Auge. Jede auch noch so kleine Seitenstrasse wurde derart dicht abgeriegelt, dass kaum mehr eine Maus, geschweige denn, ein mit Weihnachtsgeschenken vollbepackter Ladenbummler durchpasste (der Unsinn dieser Präsenz offenbarte sich deutlich, als die Demo bei der Schifflände eine Runde um den Häuserblock drehte und bei der zweiten Runde nur noch unbewachte Seitenstrassen passierte,- die dort postierten Beamten hatten sich zu schnell an neue Standorte verlagert. Trotzdem wurde weder geplündert, noch gebrandschatzt, noch wurden Freie Strasse oder Münsterhügel gestürmt).

 

Nach zügigem Marsch über die Mittlere Rheinbrücke und über den polizeilich gut gesicherten Claraplatz erreichte die Demo schliesslich das Kasernenareal, wo sie sich nach einem Schluss-Speak auflöste. Die Polizeigrenadiere, welche mit geschlossenen Ketten sowohl den Weg in's tiefere Kleinbasel, als auch den Zugang zum Rotlicht-Viertel abgeriegelt hatten, verzogen sich ebenfalls sehr schnell in's Warme ...


In Basel herrscht seit einigen Jahren in der Vor-Weihnachtszeit faktisch ein Demo-Verbot,- speziell für die Innnenstadt. Dass es trotz der massiven - nicht eben deeskalierend wirkenden Grenadierpräsenz nicht zu Ausschreitungen kam, ist einerseits den DemospeakerInnen zu verdanken, welche wiederholt dazu aufriefen, sich nicht durch die polizeiliche Kriegsmontur provozieren zu lassen, andererseits aber auch den verantwortlichen Polizei-Einsatzleitern vor Ort, welche genügend Vernunft besassen, die (unbewilligte) Demo passieren zu lassen und im Vorweihnachtsgetümmel weder Tränengas noch Gummigeschosse einzusetzen. (man erinnerte sich offenbar noch der negativen Schlagzeilen vom Dezember 1988, als die Polizei mit Tränengas gegen eine an sich harmlose - ebenfalls am Jahrestag der UNO-Menschenrechts-Konvention durchgeführte - Palästina-Demo vorging und dabei hunderte von Geschenke Postenden zum Heulen brachte).

 

Wie sehr die Polizeiführung jedoch ihre Feindbilder in die an sich friedliche Demo projezierte, spiegelte sich in der (relativ ausführlichen) Medienberichterstattung wider:

Da war von einem "etwa 50 Personen starken 'schwarzen Block' aus Zürich" die Rede, welcher "die Demo angeführt" haben soll.
Offensichtlich wurden da grosszügig alle Demonstrierenden, welche zum Schutz vor der Kälte ihre Schals bis übers Kinn hochgezogen oder die Kapuze über die frierenden Ohren gestülpt hatten, in den Topf der "Vermummten" geschmissen (wohl zusammen mit den zahlreich herumstiefelnden, die Konsumstimmung ankurbelnden Samichläusen). Und selbstverständlich schien man jede in der Modefarbe Schwarz gehaltene Jacke gleich als Zugehörigkeitsmerkmal zu einem "schwarzen Block" zu interpretieren,- welcher notabene selbstverständlich von Zürich kommen musste...
Die tatsächlich vermummten DemoteilnehmerInnen liessen sich indes an einer Hand abzählen.

 

Da wurden massivste Verkehrsbehinderungen beklagt, obwohl die Demoroute hauptsächlich durch für den Individualverkehr ohnehin gesperrte Strassen führte.

Da wurde berichtet, dass der öffentliche Verkehr wegen der Demo vorübergehend eingestellt und/oder umgeleitet habe werden müssen, jedoch verschwiegen, dass dies eine völlig überflüssige Massnahme war.
Die Manifestierenden behinderten den Tramverkehr nur unwesentlich mehr, als der Einkaufsrummel in der Innenstadt. Selbstverständlich erfordert die Sicherheit, dass Chauffeure beim engen passieren von Menschenmassen die Geschwindigkeit herabsetzen,- eine Tram-Blockade fand indes nie statt.

Da war von einer ganzen Reihe von "Sachbeschädigungen" die Rede. Wenn man vom Farbbeutelwurf eines Spontis gegen eine Bankenfassade, vom Verbrennen einer mitgeschleppten Bush-Puppe auf dem Marktplatz, vom vereinzelten Knallen einiger 1.August-Restbestände und vom Klirren einer Scheibe am Claraplatz absieht, verlief die Demo friedlicher als manch andere Veranstaltung mit 1000 Personen,- insbesonders wenn man bedenkt, dass sie angeblich "vom schwarzen Block geleitet" worden sein soll.
Selbst die "Wanted - George W. Bush" - Steckbriefe wurden nicht etwa sachbeschädigenderweise an die Wände gekleistert, sondern brav mit leicht ablösbarem Klebeband befestigt!

 

Da war von mehrheitlich erzürnten und konsternierten PassantInnen die Rede, die bz-Berichterstatttung legte dem Volksmund Bezeichnungen wie "Saubannerzug" und "Deppen" in den Mund (ob sich da der Reporter wohl an einen SVP-Stammtisch verirrt hatte?).
Tatsache ist, dass die Demo von der überwiegenden Mehrheit der PassantInnen positiv aufgenommen wurde. Für Verwunderung, Kopfschütteln und Verunsicherung sorgte hingegen primär die an Bürgerkriegszustände mahnende Grenadierarmada, welche sich zudem laufend mittels rasender Kastenwagen unter Sirenengeheul durch Fussgängerzonen und über dicht bevölkerte Plätze verlagerte.

 

Die Polizeiführung liess den Medien ritualgemäss mitteilen, dass sie genügend Videomaterial gesammelt habe und nun gegen "die Verantwortlichen" Strafanzeige einreichen werde ...

Und schon kurz darauf bedankte sich die FDP bei der Polizei für die erfolgreiche Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung ... (ebenfalls gemäss dem Ritual)

 

Dennoch schienen am Ende alle zufrieden zu sein: Die Polizei lobte sich, dass es ihr gelungen sei, die Demo zu kanalisieren und Eskalationen zu vermeiden und die Demoteilnehmenden freuten sich, dass die Innenstadtroute entgegen dem erklärten Willen der Obrigkeit doch benutzt werden konnte und die Demo trotz des provokativen Polizeiaufgebots friedlich verlaufen war.