zurück Index HomeHome augenauf

  Das Gewaltmonopol in der Praxis
Rassismus? - nicht bei uns!
Verallgemeinerungen und Ausgrenzungen
Feb. 2004
 

Über rassistische Auswüchse bei einzelnen Polizeibeamten hat augenauf schon öfters berichtet. Die Basler Polizeiführung versichert stereotyp, dass "so etwas" nicht geduldet werde. Bedeutsamer als verbale Beteuerungen sind jedoch die Signale, welche die Polizeiführung im Alltag ihren Untergebenen zukommen lässt. Hier stehen Auftrag ("Schwerpunkt-Aktion gegen junge Schwarzafrikaner") und Absichtserklärung ("keine Verallgemeinerungen") oft im Widerspruch zueinander.

 
 

«Ausländerfeindlichkeit beginnt dort, wo fremde Nationalitäten pauschal verunglimpft werden, wo man einer Volksgruppe ganz generell bestimmte negative Eigenschaften oder ein unerwünschtes Verhalten unterstellt. Konkrete Probleme mit bekannten oder fremden Menschen soll man ruhig als solche benennen und beanstanden, sobald aber verallgemeinert und mit plumpen Vorurteilen gearbeitet wird, ist die Schwelle überschritten.»
RR Jörg Schild in der "Migrationszeitung" (Juni 2000)

Speziell im Umgang mit der schwarzen Bevölkerung wird dieser Grundsatz schnell einmal über den Haufen geworfen. Erinnert sei hier an die Aktion "Luna" (August 1994), als die Polizei auf der Suche nach einem angeblich dunkelhäutigen Vergewaltiger flächendeckend 345 Schwarze kontrollierte und 138 DNA-Profile erstellte (der Täter wurde später per Zufall gefasst - es handelte sich NICHT um einen Schwarzen).

Seit einigen Jahren findet im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Kokain-Strassenhandels wiederum eine wahre Hetzjagd auf eine "bestimmte Volksgruppe" statt: auf junge, dunkelhäutige Männer, vorzugsweise Asylsuchende. Nun bestreitet zwar niemand, dass viele der so genannten "Kügelidealer" dieser Gruppe angehören, die Polizei scheint aber den Umkehrschluss zu ziehen und gleich alle Personen, welche optisch dem Signalement entsprechen, als Kriminelle zu betrachten.

«Kügelidealer sind mehrheitlich junge Schwarzafrikaner mit Asylbewerberstatus» (...) Ein «Kügelidealer» ist «typischerweise» ein «junger Schwarzafrikaner, der ziellos im Quartier herumläuft und auffällig die Nähe von Drogenabhängigen sucht».
Medienmitteilung Polizei/Einwohnerdienste, 28.1.2004

 
 

Schilds Tipp an Touristen: "Solche Örtlichkeiten meiden"

Da es schwierig ist, sich im Kleinbasel zu bewegen, ohne in die Nähe von Drogen Konsumierenden zu geraten und da Asylsuchenden der Zugang zu den Unterhaltungstempeln mangels Finanzen kaum möglich ist, gerät zwangsläufig jeder umherschlendernde Schwarzafrikaner ins Visier eifriger PolizistInnen. So verwundert es nicht, wenn die Polizei in einer Medienmitteilung mit dem Titel "Basel hat keinen Platz für dealende Asylbewerber" (28.1.2004) stolz vermeldet, dass letztes Jahr "im Drogenmilieu" (d. h. in den Kleinbasler Strassen zwischen Claraplatz und Feldbergstrasse) 479 schwarzafrikanische Asylbewerber insgesamt 970 Mal kontrolliert worden seien. Gegen alle "Kunden" aus anderen Kantonen sei eine "Ausgrenzung" verfügt worden (325 neu und 107 wiederholt). Dies selbstverständlich auf blossen Verdacht hin, da - wie die Polizei selbst einräumt - Beweise nur in den wenigsten Fällen erbracht werden könnten.

Die publizierte Statistik bezieht sich auf Asylsuchende und verschweigt, wie viele Schwarze insgesamt aufgrund des Pauschalverdachtes kontrolliert wurden (das genannte Quartier weist einen hohen afrikastämmigen Bevölkerungsanteil auf. Und alle - unabhängig vom Aufenthaltsstatus - beklagen sich über häufige Personenkontrollen).

 

In einem konkreten Fall, als ein unbescholtener und mit gültigen Papieren versehener Tourist innert drei Wochen zweimal zu Striptease und erkennungsdienstlicher Behandlung auf einen Posten verfrachtet worden war, äusserte sich Regierungsrat Schild folgendermassen:

«Ihr Mandant hat sich innerhalb von drei Wochen mindestens zweimal längere Zeit im Umfeld von Drogenabhängigen und Drogendealern aufgehalten. Hinreichender Verdacht zur Vornahme einer Kontrolle war damit zweifellos gegeben (…) Die Polizeikontrollen verliefen korrekt, verhältnismässig und den Dienstvorschriften entsprechend. Die Hautfarbe des Kontrollierten spielte dabei nicht die geringste Rolle.» Und weiter: «Wenn sich Ihr Mandant weiterhin an den bekannten Treffpunkten der Drogenszene aufhält und den Kontakt mit Drogendealern und -konsumenten sucht, muss er tatsächlich mit weiteren, ihm unliebsamen Kontakten mit der Polizei rechnen. Er kann dies aber leicht vermeiden, indem er sich von solchen Örtlichkeiten fernhält.»

Bei den "Örtlichkeiten" handelte es sich in einem Fall um das bei Touristinnen und Touristen sehr beliebte Kleinbasler Rheinbord und im andern Fall um eine Wohnstrasse im Kleinbasel. Dass der Mann Kontakte zur Drogenszene gesucht haben soll, entsprang der Fantasie der Beamten (oder muss als nachträgliche Schutzbehauptung klassiert werden).

Schilds Rat hingegen, "solche Örtlichkeiten zu meiden", begegnete die ECRI ("Kommission gegen Rassismus und Intoleranz" des Europarats) in ihrem "Dritten Bericht über die Schweiz" bereits im Juni 2003 mit folgender Empfehlung: «ECRI fordert die Behörden dringend auf, dass die Praxis beendet wird, mit welcher gewisse Stadtbezirke für bestimmte Gruppen von Minderheiten durch gezielt auf diese Gruppen angesetzte Polizeikontrollen de facto gesperrt werden.» (Art. 36)