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Alles was recht ist ...
Körperliche Durchsuchungen
Schikanöse und demütigende Machtspielchen
 

Das Rechtsverständnis des "Normalbürgers" geht im Allgemeinen davon aus, dass polizeiliche Körperdurchsuchungen in jedem Fall auf einer sauberen Rechtsgrundlage erfolgen, dass sie (insbes. die Inspizierung der Körperöffnungen) immer von einem Arzt / einer Aerztin vorgenommen werden und dass der Vorgang in den Polizeiprotokollen rapportiert wird.

Rechtsgrundlagen
Basel-Stadt
 

Dem ist nun leider nicht so ..

Theorie ...

Es liegt sicherlich nicht im Sinn der Gesetzgebung, dass körperliche Untersuchungen leichtfertig und willkürlich erfolgen sollten. Die Basler Strafprozessordnung stellt denn auch die "Erforderlichkeit" diese Eingriffs in den Vordergrund. Die Durchsuchung von Kleidern setzt die Wahrscheinlichkeit des Auffindens von Beweismaterial oder die Festnahme voraus.

Die Frage, wer untersuchen darf, bleibt weitgehend offen;- die Strafprozessordnung schreibt lediglich vor, dass die körperliche Untersuchung durch eine Person gleichen Geschlechts erfolgen muss (StPO § 77, Abs.3). Dies gilt auch für die Durchsuchung von Kleidern (StPO § 78, Abs.2).
Der Beizug einer "Medizinalperson" ist nur bei Blutentnahmen vorgeschrieben.

Keine Vorschriften zur körperlichen Untersuchung sind im Polizeigesetz zu finden, wohl aber eine Relativierung der Gleichgeschlechtlichkeit bei der Durchsuchung von Kleidern (PolG § 45, Abs.2).

Etwas besser gestellt sind Gefangene: die Gefängnisverordnung schreibt explizit vor, dass intime Leibesvisitationen nur von medizinisch geschultem Personal (was auch immer das sein mag) vorgenommen werden dürfen (GefV § 8, Abs3)

Strafprozessordnung BS
§77. Wenn es zur Abklärung einer Straftat erforderlich ist, können die körperliche Untersuchung der oder des Angeschuldigten, ferner die Entnahme von Blut und die Sicherung von Körperausscheidungen angeordnet werden.
2Gegenüber Drittpersonen darf eine solche Untersuchung ohne ihre Einwilligung nur verfügt werden, um allfällige Spuren oder Folgen eines schweren Verbrechens oder schweren Vergehens festzustellen. Das Zeugnisverweigerungsrecht schliesst die Vornahme einer körperlichen Untersuchung nicht aus.
3Die körperliche Untersuchung ist durch eine Person gleichen Geschlechts, die Blutentnahme durch eine Medizinalperson durchzuführen.

... und Praxis

In der Praxis gehören körperliche Durchsuchungen bei vielen Verdächtigengruppen zum täglich mehrfach praktizierten Standardritual, welches nach Mitnahme auf den Posten abläuft (Verdacht auf Drogenbesitz, Krawall-Verhaftungen, Kontrolle Angehöriger anderer Ethnien).
Beteiligt sind nebst den Betroffenen Gummihandschuhe, Taschenlampe und PolizistInnenfinger. Uns sind ungezählte Fälle solcher Durchsuchungen bekannt, dass allerdings ein Arzt zur Intim-Untersuchung aufgeboten worden wäre, haben wir noch nie gehört.

Immerhin scheint das Gebot der Gleichgeschlechtlichkeit bei Leibesvisitationen, welche über das Kontrollieren von Tascheninhalten hinaus gehen, beachtet zu werden.

Allerdings ist anzumerken, dass viele Betroffene berichten, dass während der Durchsuchung die Türe zum Zimmer offen stand (Sicherheitsgründe?) und somit auch andersgeschlechtliche Beamte Zeuge der Untersuchung wurden.

Strafprozessordnung BS
§78. Die Durchsuchung beweglicher Sachen und der Kleider darf gegen den Willen der Betroffenen nur vorgenommen werden, wenn wahrscheinlich ist, dass dadurch Spuren oder der Beschlagnahme unterliegende Objekte gefunden werden können. Bei Festgenommenen ist die Durchsuchung der Kleider stets zulässig.
2Die Durchsuchung der Kleider ist von einer Person gleichen Geschlechts vorzunehmen.
 

In den meisten Fällen ist eine Verhältnismässigkeit der Massnahme nicht gegeben, sei es, dass die Art der zur Last gelegten Straftat keine Notwendigkeit einer solchen Zwangsmassnahme rechtfertigt und/oder eine Inhaftierung der Betroffenen (Einschmuggeln von BetM) gar nicht zur Debatte steht.

Die Frage sei erlaubt, warum die Polizei "zur Feststellung der Identität auf den Posten verbrachte" Asyl Suchende die Unterwäsche ausziehen lässt, was sie im Hintern eines beim "wilden Plakatkleben Erwischten" zu finden hofft oder nach welch subversiven Gerätschaften sie in der Scheide einer Demonstrantin fahndet ...

Der Verdacht, dass solche Untersuchungen oft zu leichtfertig erfolgen und primär als "Disziplinierungsmassnahme", bzw. als bewusste Schikane und Demütigung der Betroffenen eingesetzt werden, ist nicht von der Hand zu weisen, insbesondere wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Hauptklientel solcher Behandlung vornehmlich aus Randgruppenangehörigen besteht, gegen die oft nicht einmal ein konkreter Tatverdacht vorliegt (lakonische Begründung der Mitnahme: "Kontrolle") oder gegen die nur allgemeine Verdachtsmomente auf eine geringfügige Übertretung vorgebracht werden ("als Drogenkonsument bekannt").

Wenn weder strafrechtlich noch sicherheitspolitisch relevante Umstände eine Intimdurchsuchung rechtfertigen und wenn man den beteiligten BeamtInnen zugute hält, dass ihnen die Durchsuchungspraxis auch keinen Lustgewinn verschafft, dann muss man sich wirklich fragen, woher dieser leichtfertige Umgang mit dem Eingriff in die Intimsphäre rührt.

Polizeigesetz BS
§45. Die Kantonspolizei durchsucht die Kleidung von Personen, wenn
1. dies nach den Umständen zum Schutz der Polizeibeamtin oder des Polizeibeamten oder einer dritten Person erforderlich erscheint;
2. Gründe für ein polizeiliches Festhalten nach diesem oder einem anderen Gesetz gegeben sind;
3. begründeter Verdacht besteht, dass sie Sachen in Gewahrsam hat, die von Gesetzes wegen sichergestellt werden dürfen;
4. dies zur Identitätsfeststellung notwendig ist;
5. sie sich erkennbar in einem die freie Willensbetätigung ausschliessenden Zustand befindet und die Durchsuchung zu ihrem Schutz erforderlich ist.
2Die Durchsuchung ist von einer Person gleichen Geschlechts vorzunehmen, es sei denn, sie ertrage keinen Aufschub.

zur Erinnerung

Als die Basler Polizei 1975 erstmals "flächendeckend" nach einer Razzia die Intimregionen von Drogenkonsumierenden untersuchte ("Seibi-Bar-Razzia"), führte dies zu fettten Schlagzeilen, sowie zu ungläubigem Staunen und Kopfschütteln in der Öffentlichkeit,- der Liedermacher Ernst Born verfasste gar einen Protestsong zu diesem Thema.
Heute hingegen hat sich diese Praxis derart eingebürgert, dass niemand auch nur noch mit der Schulter zuckt....

Was die Kleiderdurchsuchung durch gleichgeschlechtliche BeamtInnen betrifft, so scheinen die entsprechenden Vorschriften weder bei der Polizei, noch bei den Betroffenen bekannt zu sein (oder "es" erträgt prinzipiell "keinen Aufschub" [PolG §45 Abs.2])

Wie weit solche Untersuchungen in die Polizeiprotokolle Einzug halten, ist fraglich. In der Mehrzahl der uns bekannten Fälle wussten die Betroffenen nichts von einem Protokoll (es handelte sich schliesslich "nur" um eine "normale Kontrolle") oder aber es wurde nur eine standardisierte Befragung (Drogenkonsum seit wann? was? wie viel? Bezug von wem?) rapportiert.


Menschenwürde? Schamgefühl? Intimsphäre?

Die Basel-städtische Gesetzgebung klammert die Empfindungswelt der Betroffenen aus. Anders hier z.B. die entsprechenden Vorschriften des Kantons Basel-Land:

Verordnung Gefängniswesen BS
§8. Jede eintretende Person kann zur Vermeidung der Einschleusung von verbotenen Gegenständen oder von Deliktsgut einer körperlichen Untersuchung unterzogen werden.
2Bei Männern wird diese durch einen Aufseher und bei Frauen durch eine Aufseherin vorgenommen. Zur Unterstützung können Polizeiorgane des gleichen Geschlechts wie die zu untersuchende Person zugezogen werden.
3Intime Leibesvisitationen dürfen nur durch medizinisch geschulte Fachleute gleichen Geschlechts vorgenommen werden.
4Die Abteilungsleitung kann die persönlichen Effekten und die Unterkünfte der Inhaftierten kontrollieren, wenn dies zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit notwendig ist. Bei begründetem Verdacht auf Konsum verbotener Stoffe können Urinproben, Atemluftkontrollen, Blutproben und Kontrollen von Körperöffnungen angeordnet werden.

Polizeigesetz (PolG) BL

§ 29 Durchsuchung von Personen

(..)

2 Die Durchsuchung ist von einer Person gleichen Geschlechts oder von einem Arzt oder einer Ärztin vorzunehmen, es sei denn, diese Massnahme ertrage keinen Aufschub.

3 Die Entkleidung der betroffenen Person ist nur soweit zulässig, als dies für die Durchsuchung unbedingt erforderlich ist. Sie ist von einer Person gleichen Geschlechts oder von einem Arzt oder einer Ärztin vorzunehmen. Menschenwürde und Schamgefühl sind zu achten.

Auch die landschaftliche Strafprozessordnung schreibt Achtung des Schamgefühls vor:

Strafprozessordnung (StPO) BL

§ 91 Durchsuchung von Personen

(..)

3 Personen dürfen ohne ihr ausdrückliches gegenteiliges Einverständnis nur von Personen gleichen Geschlechts oder von medizinischen Fachpersonen durchsucht werden.

4 Die Durchsuchung von Personen beschränkt sich auf das unentbehrliche Mass und respektiert Menschenwürde und Schamgefühl.


§ 92 Körperliche Untersuchung

(..)

3 Körperliche Untersuchungen dürfen nur von medizinischen Fachpersonen vorgenommen werden.

Aus diesem doch deutlich restriktiveren Gesetzestext schliessen zu wollen, dass im Land-Halbkanton "alles besser" sei, wäre ein Trugschluss. augenauf sind auch hier haarsträubende Fälle bekannt, bei denen weder die Voraussetzungen für Intimkontrollen gegeben waren noch die entsprechenden Vorschriften auch nur ansatzweise befolgt wurden.

Und was ist an der Grenze?
Leibesvisitationen an der Grenze werden nicht vom kantonalen, sondern vom Bundesrecht geregelt. Das Zollgesetz erlaubt die Leibesvisitation bei des Schmuggels Verdächtigten (Art. 36), die Vorschriften dazu sind durch eine Verordnung des Bundesrates geregelt:
 
Art. 53 der Verordnung zum Zollgesetz vom 10. Juli 1926 (ZV; SR 631.01)
1Die körperliche Durchsuchung von Personen, die im Verdachte stehen, verbotene oder zollpflichtige Waren auf sich zu tragen, ist stets in geeigneten, geschlossenen, im Winter geheizten Räumen vorzunehmen.
Bei der Durchsuchung ist mit allem Takt vorzugehen. Weibliche Personen dürfen nur durch weibliche Personen durchsucht werden.
(..)