Bulletin Nr. 26; Oktober 1999
Klagen von AsylbewerberInnen über Privatpolizisten als Betreuer
Securitas in Theorie und Praxis
Die private Bewachungsfirma Securitas wird an verschiedenen Orten
zur Betreuung von AsylbewerberInnen eingesetzt. Dass die uniformierten
Privatpolizisten jedoch nicht unbedingt dazu geeignet sind, zeigte der
Hungerstreik in der Notunterkunft Schmidrüti. Klagen gibt es jedoch auch
aus der Basler Empfangsstelle Bässlergut.
Etwa 20 AsylbewerberInnen machten am 21.September 1999 durch einen
Hungerstreik auf die Situation in der Notunterkunft Schmidrüti aufmerksam.
Die Betreuung durch die Securitas sei schlecht, so würden etwa Leute mit
Fusstritten geweckt. Eine Sprecherin des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF)
bezeichnete demgegenüber das Verhalten der Securitas als korrekt, Probleme
machten allenfalls ein paar Rädelsführer unter den Asylbewerbern (Quelle:
TA, 22.09.1999). Dass das BFF der Securitas einen Persil-Schein ausstellt,
verwundert nicht; AsylbewerberInnen wird schliesslich grundsätzlich nicht
geglaubt. Dafür offenbar dem Leitbild der Securitas: «Unseren sorgfältig
ausgewählten Mitarbeitern ermöglichen wir durch gute Schulung und
geeigneten Einsatz eine befriedigende Tätigkeit».
Nicht nur in Schmidrüti gibt es Probleme mit der privaten Bewachungstruppe:
augenauf Basel befasste sich in den letzten Wochen und Monaten mit
verschiedenen Vorkommnissen in der Empfangsstelle Bässlergut. Vorkommnisse,
welche - gemäss Bernhard Willi, Chef der Basler Securitas - ihre Ursache
darin hätten, dass die Empfangsstelle aus allen Nähten platze. Seine Leute
seien "am Anschlag" und "mit den Nerven am Ende" gewesen. In der Praxis
äusserte sich das beispielsweise so: Bei der Essensausgabe stellte eine
Frau die Frage, ob sie den Teller auswechseln könne, da ihre Kinder keine
Sauce wollten. Dies löste einen Wutanfall bei einem Securitas-Angestellten
aus. Er schüttete ihr kurzerhand den Tellerinhalt über die Kleidung
(19.07.1999).
www.securitas.ch: «Die Kontakte mit dem Publikum erfordern volle
Aufmerksamkeit und ein höfliches, freundliches, aber entsprechend der
Aufgabe auch bestimmtes Verhalten.» ()
Am selben Abend - die Stimmung war gereizt - fügte sich ein Asylbewerber
mittels einer Rasierklinge Schnittverletzungen am Oberkörper zu. Er tat
dies nach dem vergeblichen Versuch, mit einem verbal ausfällig gewordenen
Securitas-Angestellten zu diskutieren. Ein zweiter Securitas versuchte, den
blutüberströmten Mann "zu beruhigen", indem er ihn im Würgegriff festhielt.
Hinzugeeilte Zeuginnen und Zeugen verlangten nach einem Arzt. Stattdessen
avisierte der Securitas-Angestellte die Polizei, welche nach wenigen
Minuten eintraf, den Verletzten in ein anderes Zimmer verfrachtete und die
geschockten AsylbewerberInnen mit knurrender Unterstützung eines
Schäferhundes "ruhig stellten". Der stark blutende Mann wurde in einem
verschlossenen Raum bis zum Morgen sich selbst überlassen - ohne ärztliche
Versorgung.
«Vielfach können gefährliche Situationen mit psychologisch und taktisch
richtigem Auftreten entschärft werden. Im Ernstfall wird gefährdeten
Personen jedoch kompromisslos Hilfe geleistet.» (www.securitas.ch)
Mit dem Vorfall konfrontiert, äusserte Willi sich dahingehend, dass es,
wenn seine Leute eine Verletzung als nicht gravierend einschätzten, in
deren Ermessen liege, ob ein Arzt geholt werde.
Hätte der Betroffene über Bauchschmerzen geklagt, so wäre unverzüglich die
Ambulanz gerufen worden - schliesslich will man sich nicht dem Risiko der
Folgen eines geplatzten Blinddarms aussetzen...
augenauf Basel
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