Bulletin Nr. 26; Oktober 1999
Auch Schweiz schafft Roma aus
Antiziganismus weiterhin verbreitet
Roma aus Kosova und aus der Slovakei versuchen nach Westeuropa zu
gelangen. Doch die Festung Europa schottet sich weiterhin gegen Flüchtlinge
ab. Der Antiziganismus (Rassismus gegen Roma, Sinti und Jenische) macht
nicht Halt an den Grenzen. Ende Juli wurden im Flughafen Kloten 85
ankommende slovakische Romaflüchtlinge zuerst festgehalten und dann
zurückgeschafft.
Über 80'000 Roma sind inzwischen als Folge des Krieges aus Kosova
geflüchtet. Die meisten versuchen über Italien in den Norden zu gelangen.
Bei Überfahrten mit überfüllten und schlecht ausgerüsteten Schiffen sind
Dutzende in der Adria ertrunken. (siehe auch: WoZ, 23. September1999) Die
flüchtenden Roma werden nach geglückter Landung sofort wieder abgeschoben
oder kommen in Auffang-Camps, zum Beispiel dasjenige von Casilinio. Dieses
Camp in der Nähe von Rom ist eines der grössten Westeuropas. Ruhe finden
die Romaflüchtlinge dort allerdings nicht. Mit beinahe stündlichen
Polizei-Razzien und anderen Repressalien versucht man die dort Gestrandeten
zu vertreiben.
Auch die Schweizer Bundes- und Kantonalbehörden tun alles, um die Roma von
der Schweiz fernzuhalten. "Ströme" von Romaflüchtlingen könnten die Schweiz
"überschwemmen", heisst es Unheil beschwörend. Um dies zu verhindern,
werden die Grenzen noch schärfer überwacht. Auf den Flughäfen werden die
Flüchtlinge bereits im Transit abgefangen und zurückgeschickt, die Ein-
oder Durchreise wird ihnen verunmöglicht. Es trifft aber nicht nur
Flüchtlinge aus Kosova. Am 30. Juli 1999 wurden 85 slovakische Roma im
Transit des Flughafens Zürich-Kloten festgehalten und umgehend
ausgeschafft; obwohl sie im Besitz von gültigen Pässen waren. Ein
eindeutiger Verstoss gegen das Aufenthaltsrecht.
Der Antiziganismus hat Tradition in der Schweiz. Immer noch halten sich
einige bürgerliche Medien nicht zurück, wenn es darum geht, Rassismus
gegenüber Roma, Sinti und Jenischen zu schüren oder zu rechtfertigen. In
fast allen Medienberichten, die Roma und Sinti betreffen, wird vorwiegend
im Zusammenhang mit "Asozialität", "krimineller Sippenbildung",
Eigentumsdelikten und "Integrationsunfähigkeit" über sie gesprochen. Auch
Rolf Widmer, Leiter der Asylorganisation des Kantons Zürich, spricht
bereits präventiv von zu erwartenden sozialen Konflikten in den
Asylunterkünften und will mit Ethnologen zusammen verschiedene Szenarien
ausarbeiten. Um die Roma zu beschützen und zu verstehen oder um sie in
Schach zu halten?
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