Bulletin Nr. 28; Juli 2000
Ausweisungen wegen "fortgesetzter Fürsorgeabhängigkeit"
Arbeitsunfall genügt
Immer öfter werden Asylsuchende von den Ausländerbehörden aufgefordert, ihr
Asylgesuche zugunsten einer vorläufigen Aufnahme oder einer B-Bewilligung
zurückzuziehen. Die Vorteile für die Betroffenen sind, dass sie einfacher
zu einer Arbeitsbewilligung kommen. Dass dieser Schritt aber auch mit
Risiken verbunden ist, zeigte der Fall T. in Pratteln. Obwohl das Asylrecht
immer mehr ausgehöhlt wird, bietet es doch minimalen Schutz vor Wegweisung
für die Betroffenen.
Im Kanton Baselland werden pro Jahr durchschnittlich drei
Wegweisungsverfügungen wegen "fortgesetzter Fürsorgeabhängigkeit" erlassen.
Dass dabei nicht einmal berücksichtigt wird, ob Eigenverschulden vorliegt,
erscheint besonders zynisch. Der Familie in Pratteln wurde ein
Arbeitsunfall eines Elternteil zum Verhängnis.(siehe Bulletin Nr.27)
Da die zugesprochene IV-Rente nicht zum Überleben einer fünfköpfigen
Familie reichte, wurden Herr und Frau T. trotz Nebenverdienst der Frau
vorübergehend fürsorgeabhängig. Die Fremdenpolizei drohte der Familie
mehrfach mit der Ausweisung, in der Annahme, die Ehefrau könne ja gut neben
der Kindererziehung und dem Haushalt auch noch hundert Prozent arbeiten.
Auch wurde Herrn T. die anscheinend mangelnde Bereitschaft, den Haushalt zu
führen vorgeworfen. augenauf Basel erfuhr von der drohenden Ausweisung des
Ehepaars, und setzte sich zusammen mit Organisationen und Einzelpersonen
via Inserate in der Regionalpresse für ihren Verbleib ein.
Zudem informierten wir die Presse über den wahren Sachverhalt und reichten
am 21 März Unterschriften zugunsten der Familie beim Landrat ein.
Da gleichzeitig der Anwalt bei der Petitionskomission eine Eingabe zur
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung stellte, verzichtete die
Fremdenpolizei vorläufig auf eine Ausweisung. Die anschliessende Debatte im
Landrat war bestimmt von einem rassistischen Klima seitens der SD, die sich
nicht zu blöde war, Herrn T. Simulantentum zwecks erschleichen einer Rente
vorzuwerfen. Einig waren sich die landschäftlichen Politiker/Innen auch
darin, dass solche Probleme nur durch den unötig in die Länge gezogenen
Rechtsweg (Asylrecht) entstehen können. Einmal mehr wurde
fraktionsübergreifend eine Handhabe zur schnelleren Ausschaffung gefordert.
Die Kinder, die inzwischen volljährig waren, und sich vom Kosten zum
Nutzenfaktor mauserten (alle arbeiten) waren in ihrem Verbleib nicht in
Frage gestellt.
Entgegen der Stimmung im Landrat, versprach Regierungsrat Kollreuter, für
die Familie eine humanitäre Aufenthaltsbewilligung beim Bund zu beantragen.
Dies nicht zuletzt weil im Kanton Baselland eine Gemeinde (Pratteln)
nationale Berühmtheit wegen seiner rassistischen Einbürgerungspraktik
erreichte.
Erleichtert, aber auch gespannt warten die Familie T., augenauf Basel und
die verschiedenen Unterstützer/innen nun auf den Entscheid des BFF.
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