Antworten der Schweizer Regierung

Inzwischen hat der Bundesrat eine Interpellation vom Basler SP-Nationalrat Remo Gysin schriftlich beantwortet.

Briefwechsel zwischen Human Rights Watch und der schweizer Regierung auf Englisch:
Der offene Brief von Human Rights Watch vom 14. Dezember 2006, "Letter to the Swiss Government Regarding Diplomatic Assurances and Pending Extradition Cases" wurde am 4. April 2007 beantwortet.
Darauf erfolgte am 28. Juni 2007 die Replik von Human Rights Watch, "Reply Letter to the Swiss Government Regarding the Swiss Government’s Use of Diplomatic Assurances Against Torture for Extraditions to Turkey".

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey beantwortet ebenfalls die Protest-Mails, und zwar mit folgendem Text:
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich bedanke mich für Ihre E-Mail in welchem Sie Ihre Befürchtungen bezüglich der Situation um die Auslieferung von Herrn Mehmet Eşiyok in die Türkei ausdrücken.
Ich möchte hiermit festhalten, dass eine Auslieferung von der Schweiz nicht bewilligt wird, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass eine zwingende Norm des Völkerrechts, wie das Verbot der Folter oder anderer unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung verletzt würde. Eine entsprechende Analyse wird vorgenommen, wenn dies aufgrund der Umstände im Einzelfall und der allgemeinen Menschenrechtslage in einem bestimmten Staat geboten erscheint. Kann aufgrund dieser Analyse eine Verletzungsgefahr nicht mit genügender Sicherheit ausgeschlossen werden, wird geprüft, ob dies mit dem Einholen von entsprechenden Garantien möglich erscheint.
Derartige Zusicherungen werden in völkerrechtlich verbindlicher Form abgegeben. Sie bilden einen wesentlichen Gegenstand des Auslieferungsverfahrens und verpflichten den ersuchenden Staat sowie die dort zuständigen Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden zu deren Einhaltung.
In diesem Fall haben die türkischen Behörden sämtliche von der Schweiz verlangten Garantien explizit abgegeben. Es gibt keinen stichhaltigen Grund zur Annahme, dass die Türkei diese Zusicherungen nicht einhalten würde.
In der Zwischenzeit haben die türkischen Behörden zudem die vom Bundesgericht zusätzlich verlangte "Monitoring"-Garantie abgegeben. Diese Garantie beinhaltet, dass ein Vertreter der Schweiz insbesondere mittels unüberwachter Besuche bei einer inhaftierten Person überprüfen darf, ob Anhaltspunkte für eine Verletzung von Grundrechten bzw. von abgegebenen Garantien bestehen. Die ausgelieferte Person oder deren Rechtsanwalt kann jederzeit gegenüber dem dafür zuständigen Bundesamt für Justiz oder auch der örtlich zuständigen schweizerischen Vertretung die Nichteinhaltung von Zusicherungen beanstanden.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüssen
Micheline Calmy-Rey

Vom Bundesrat nichts Neues
Die Argumente sind immer dieselben seit dem Entscheid des Bundesamtes für Justiz(BJ), und auf Details wird erst gar nicht eingegangen.
Wie die Türkei zum Beispiel sicherstellen soll, dass Mehmet Eşiyok gemäss den Garantien behandelt wird, obwohl ein Teil des Polizeiapparats und Gefängnispersonals weiterhin eine gewisse Routine im misshandeln haben, muss niemand erklären.
Dass die diesbezügliche Stellungnahme des EDA geheim ist, also weder Anwälte noch der Betroffene über Details dieser Einschätzung informiert sind, ist kein Anlass für ein Vertrauen in die Garantien.
Dass die Schweiz im Falle einer Misshandlung Eşiyoks kein Interesse hat, diese Tatsache öffentlich zu machen, weil sie dann zur Komplizin der Türkei geworden ist, wird ebenfalls weiterhin ignoriert.
Wie weit die Schweiz also ihr Recht auf "Monitoring" überhaupt wahrnimmt, entscheidet das Departement Blocher.
Das Recht ein Bundesamt zu kontaktieren hat generell jeder Mensch der Welt. Dafür braucht es keinen Entscheid des Bundesgerichts. Es steht leider nirgends, ob die Schweiz darauf reagieren muss, oder den Brief einfach in einen Aktenstapel legen kann.
In der Interpellationsantwort heisst es "Den schweizerischen Behörden ist kein Fall bekannt, bei welchem nach einer Auslieferung mit Zusicherungen zu Recht Foltervorwürfe erhoben worden wären." Gerne sind wir zu Diensten, wenn es darum geht, die schweizerischen Behörden ein wenig zu erhellen. Wir empfehlen zB. einfach die Lektüre von Human Rights Watch, "Diplomatische Zusicherungen gegen Folter". Vielleicht sollte endlich zur Kenntnis genommen werden, dass Schweden genau deshalb schon zweimal von internationalen Organisationen verurteilt wurde, die Konvention gegen Folter verletzt zu haben.
Jedenfalls haben wir angesichts dieser Sachlage volles Verständnis, dass die schweizerischen Behörden bisher keine Antwort auf den von Human Rights Watch Mitte Dezember erhaltenen offenen Brief geschrieben haben.