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Marco wurde von Italien, wo er gut zehn Jahre im Knast sass, an die Schweiz ausgeliefert. Nun sind seine Haftbedingungen in Pfäffikon schlechter als jene in Italien. Man verweigerte ihm zunächst den Besuch seiner Ehefrau, beschränkte seinen Briefverkehr und liess ihm keine angemessene medizinische Versorgung zukommen. Zudem versuchte man - ohne Erfolg allerdings -, ihm seinen Vertrauensanwalt wegzunehmen.
Im Juni wurde er von der Sicherheits- in die Normalabteilung verlegt. Seine Angehörigen können ihn jetzt besuchen, wenn auch mit Trennscheibe. Nach wie vor ist der Briefverkehr aber eingeschränkt, die medizinische Versorgung verläuft schleppend. Weil die Bezirksanwaltschaft Zürich die Untersuchungen abschliessen will, ist schon bald mit einem Prozess zu rechnen.
Marco Camenisch, geb. 1953, wuchs im kleinbürgerlichen Milieu in Graubünden auf. Das Gymi in Schiers, wo autoritäres Elitedenken und Karrieredünkel vorherrschten, brach er ab. Ebenfalls die Lehre auf dem Plantahof, wo´s mehr nach Chemie als nach Kuhmist stank. Marco ging auf die Alp, verschaffte sich Freiräume, ihm wurde aber klar, dass an den Zuständen sich solange nichts ändert, bis man sich ihnen stellt. Als Militanter der Anti-AKW-Bewegung nahm Marco Ende der 70er Jahre aktiv an den Kämpfen gegen die hiesige Atommafia teil. Auch in der Schweiz griff die Anti-AKW-Bewegung, falls geboten, durchaus zu direkteren Mitteln: Fällen von Strommasten, Sabotage an Anlagen der Stromindustrie, Aktionen gegen Exponenten der Atommafia.
Im Januar 1980 wurde er zusammen mit einem Genossen verhaftete und nach einem Jahr in U-Haft vom Kantonsgericht Chur für eine Sabotage-Aktion an einem Strommasten der Nordostschweizer Kraftwerke NOK bei Bad Ragaz ungewöhnlich hart zu zehn Jahren Knast verurteilt. Marco verweigerte jegliche Zusammenarbeit mit der Justiz, deren Legitimät er nicht anerkannte. Stattdessen verlas er im Gerichtssaal eine Erklärung, in der er die Aktion als Protest gegen die Umweltzerstörung durch die Stromindustrie in die Perspektive des Kampfs gegen die kapitalistische Gesellschaftsordnung stellte.
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