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  Wenn die Polizei schwarz sieht ...
Mit der Polizei kommt die Angst
Sept. 2002
 

Eine Umfrage von augenauf Basel zeigt: Schwarze werden von Polizeibeamten diskriminiert


Fremdländische Menschen, vor allem wenn sie eine dunklere Hautfarbe aufweisen, haben in der Schweiz nicht viel zu lachen, speziell seit Rechtsbürgerliche den so genannten «Asylrechtsmissbrauch» zum billigen Dauerwahlkampfthema hochstilisiert und sich die Medien quer durchs Land auf die «schwarzen Kügelidealer» eingeschossen haben.

 
 

Negativberichterstattung, Hetzpropaganda, latenter Rassismus, Angst vor Fremdem und Verunsicherung haben ihre Auswirkungen - auch auf die Arbeit der Polizei.

Seit einigen Jahren kann in Basel eine zunehmende Fokussierung polizeilicher Kontrolltätigkeit auf Menschen mit dunkler Hautfarbe beobachtet werden. Dabei erschrecken immer wieder unschöne Szenen, von sehr rüdem Umgangston über Demütigungen bis hin zu unverhältnismässiger Gewaltanwendung.

augenauf Basel wollte wissen, ob dieser negative Eindruck der Realität entspricht oder ob er einer «déformation professionelle» entspringt. Zu diesem Zweck führten wir eine Umfrage mittels eines mehrseitigen Fragebogens durch. Speziell interessierte uns:

  • Werden Schwarze tatsächlich übermässig oft und mit wenig Anstand kontrolliert?
  • Wenn ja, ist die Gesamtheit der dunkelhäutigen Menschen Basels betroffen oder nur eine spezielle Gruppe?
  • Wie erleben die Betroffenen diese Situation?

 

Die Umfrage wurde im September 2002 mit fragebogengestützten Interviews gestartet und dauerte bis Ende November.

Insgesamt 25 Personen konnten befragt werden - weniger als angestrebt. Gründe für diese doch eher magere Ausbeute waren sicherlich Komplexität und Umfang des Fragebogens. Es bedurfte schon einer speziellen Motivation, um sich durch das Werk zu arbeiten. Zudem zeigte sich, dass es mit einem einfachen Abhaken der Fragen nicht getan war, sondern dass es vertiefter und zeitaufwändiger Gespräche bedurfte.

Aufgrund der Antworten kann festgestellt werden, dass es sich bei den Befragten nicht um die «typische augenauf-Klientel», sondern um einen viel weiteren Personenkreis handelt: Schilderungen von polizeilichen Gewaltexzessen bildeten die Ausnahme. Die von Behörden und Medien kommunizierte «Feindbildgruppe» («jugendliche, herumlungernde Asylbewerber») konnte mit der Umfrage nicht erreicht werden: kein einziger der Befragten war unter 18 Jahre alt, mehr als die Hälfte war jenseits der 30. Praktisch alle besassen eine Niederlassung, nur gerade drei befanden sich im Asylverfahren.

Trotzdem oder vielmehr gerade deshalb müssen die Ergebnisse der Umfrage als alarmierend gewertet werden. 72 Prozent der Befragten waren in den vergangenen 12 Monaten Ziel von Polizeikontrollen geworden, bei 64 Prozent erfolgte eine solche mehrfach. 56 Prozent der Kontrollierten bzw. 67 Prozent aller Kontrollen endeten (trotz gültiger Papiere) auf einem Polizeiposten, wo die «näheren Abklärungen» nahezu jedes Mal in Leibesvisitationen bestanden.

 

Androhung von Gewalt - verbal oder durch Gesten - ist keine Seltenheit, erfreulicherweise scheint aber die tatsächliche Gewaltanwendung bei Kontrollen eher die Ausnahme zu sein.

Signifikant anders verhält es sich mit dem Umgangston: unhöfliches Verhalten, abschätzige Bemerkungen und Beleidigungen seitens der BeamtInnen sind der Normalfall. Nur gerade zwei Kontrollierte gaben an, immer höflich behandelt worden zu sein. Verbreitet ist der Eindruck, als «Menschen zweiter Klasse» betrachtet zu werden; «Erniedrigung», «Demütigung», «Diskriminierung» und «Rassismus» sind häufig gehörte Stichworte. Bei den wenigen Fällen, in welchen tatsächlich Gesetzesübertretungen festgestellt wurden (je einmal Hanfbesitz, falsches Parkieren, Velofahren ohne Licht) wurden unverständlicherweise Mittel eingesetzt, welche bei hellhäutigen SchweizerInnen niemals zur Anwendung gekommen wären (Handschellen, Leibesvisitation, ED-Behandlung usw.).

Materiell gesehen hatten die Polizeikontakte für die Betroffenen mangels Straftatbeständen in der Regel keine Folgen. Der nicht materielle Schaden, welcher durch unverhältnismässige Polizeiaktivitäten verursacht wird, ist jedoch immens. So gibt es viele, die bestimmte Gebiete der Stadt (konkret: das Kleinbasel) der Kontrollen wegen zu meiden begonnen haben.

Angstzustände beim Auftauchen einer Polizeiuniform sind selbst bei völlig Unbescholtenen keine Seltenheit. Und nicht zuletzt hat für diese Menschen das Image der Schweiz durch ihre Erlebnisse stark gelitten.

 

Ein grosses Problem scheint auch die Behandlung durch Zollorgane zu sein. Obwohl dies nicht Thema der Umfrage war, beklagten sich mehrere Personen über enorm schlechte Behandlung bei Grenzübertritten, wobei auffällt, dass deutsche und französische Zollbeamte wesentlich bessere Noten erhielten als ihre Schweizer Kollegen.

Nahezu alle Befragten äusserten sich zu allgemeinen Erfahrungen mit Behörden und Ämtern, mehr als die Hälfte fühlte sich hier schlecht behandelt und wiederum die Hälfte führte dies auf die Hautfarbe zurück.

Bei den Befragungen stellten wir fest, dass eine Erhebung zu einem derart heiklen Thema mittels Fragebogen schwierig ist, insbesondere da es sich bei der anvisierten Zielgruppe um Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund handelt. Faktoren wie Ängste, Misstrauen, Schamgefühle, Rollenverhalten oder auch nur die individuelle Definition von Begriffen (z. B. «Gewalt») erschweren die Gespräche und müssen in die Interpretation der Resultate einbezogen werden. Für manche mag während des Interviews auch eine Art «Verhörsituation» entstanden sein. In einigen Fällen erlebten wir, wie sich spontane Angaben auf vorformulierte Antworten im freien Gespräch ins Gegenteil verkehrten; so wurde zum Beispiel aus einem abwehrenden «keine Probleme mit der Polizei» allmählich ein ganzer Katalog negativer Erlebnisse.

Unsere Umfrage ist nicht repräsentativ. Dennoch machen die Ergebnisse deutlich, dass die Hautfarbe ein gewichtiges Kriterium bei der Behandlung von Menschen darstellt. Die detaillierten Umfrageergebnisse finden Sie hier.


 

 
 
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