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  Wenn die Polizei schwarz sieht ...
Der ganz normale Alltag
Nov. 2002
 


Im Rahmen der augenauf-Umfrage «Schwarze & Polizei» schilderten viele Betroffene ihre leider allzu häufigen Kontakte mit der Basler Polizei. Im Folgenden sind einige Aussagen zum repressiven Alltag aufgeführt,- nicht sonderlich spektakulär, aber dennoch sehr bedenklich.

 
 
Behandlung schwarzer Menschen durch die Basler Polizei

A. wohnt im Kleinbasel und nervt sich, dass er so häufig kontrolliert wird, manchmal sogar direkt vor seiner Haustür. Die Kontrollen empfindet er als schikanös. So wurde er beispielsweise einmal mit Fr. 150.- gebüsst, weil er am hellen Nachmittag mit einem Velo ohne funktionierendes Licht herumradelte.

Trotz gültiger Papiere wurde er schon öfters auf den Posten mitgenommen,- ohne dass dies begründet wurde (auch das Versprechen, die Begründung schriftlich zu geben, wurde nicht eingehalten). Zeitweise hat A. wegen der Polizei Angstzustände und getraut sich kaum mehr aus dem Haus.

Auch sonst fühlt er sich nicht wohl in der Schweiz, er hat schlechte Erfahrungen mit Behördengängen und beklagt sich über rassistisches Mobbing am Arbeitsplatz.


 
 

B. hat vor allem Probleme beim Grenzübertritt. Wenn er in Deutschland einkauft, so ist es nahezu normal, dass er bei der Wiedereinreise penibel kontrolliert wird. Dies geht so weit, dass sogar die Verpackung der eingekauften Lebensmittel aufgerissen wird.


C. sieht sich von Polizei und Behörden als "Mensch 2.ter Klasse" behandelt. Auf Fragen nach dem Grund des herablassenden Umgangstons erhält er keine Antwort. Ein Polizist erteilte ihm aus dem hohlen Bauch heraus einen Landesverweis, der nach einer Beschwerde jedoch wieder aufgehoben wurde.


D. berichtet, dass er von Polizei "oft in einer ziemlich arroganten und diskriminierenden Art behandelt" werde.


E. hat schlechte Erfahrungen mit Polizeikontrollen: "Ich wurde mit Hass behandelt und mir wurde klar gemacht, dass ich hier nicht willkommen sei". Auf dem Posten wurden er trotz gültiger Papiere und ohne Angabe von Gründen einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen. Aber auch mit dem Zoll hat er Probleme: "Ich wurde bei der Einreise 01 am Schweizer Zoll sehr schlecht behandelt. Der Zöllner kontrollierte nur mich, keine Europäer. Auf die Frage, warum nur ich kontrolliert werde, wurde der Zöllner wütend und wollte mich in einen Raum stossen. Er beleidigte mich und liess von mir ab, als er merkte, dass ich mich intellektuell wehren konnte".


 

F. gibt an, im allgemeinen keine grösseren Probleme bei den (häufigen) Kontrollen zu haben, da er sehr gut Deutsch spricht. Doch auch er weiss von Ausnahmen zu berichten: "Ich wurde auf der Autobahn kontrolliert, mit Handschellen auf den Boden gelegt, in den Polizeiwagen geworfen und untersucht. Die Hunde kontrollierten das Auto. Einen Grund für dieses Vorgehen nannten die Beamten nicht. Nach einer Weile war es vorbei, die Handschellen wurden entfernt und ich konnte weiter fahren".

Auch F. beklagt sich über die Grenzpolizei: "Es gibt fast immer Kontrollen, wenn man von Deutschland in die Schweiz einreist, selten im umgekehrten Fall. Die Schweizer Grenzpolizei kontrolliert sehr hart. Ich wurde oft bedroht"


G. wird speziell im Kleinbasel sehr häufig kontrolliert. Mittlerweile fürchtet er sich, wenn er nur schon eine Polizeiuniform sieht.


H. mussste sich bei einer Ausweiskontrolle schon mal anhören, dass er "hier nur geduldet" sei. Kontrollen enden nicht selten auf dem Posten, wo ihm auch schon - ohne Angabe von Gründen - die Fingerabdrücke genommen wurden. Als Konsequenz aus seinen Erfahrungen meidet er inzwischen das Gebiet zwischen Claraplatz und Kaserne, vor allem nachts.


I. berichtet "Ich wurde beim Öffnen meines Briefkastens verhaftet. Die Polizei glaubte, ich sei ein Dealer, der dort Drogen gelagert hat". Ein andermal: "Ich habe an Neujahr von einer Telefonkabine aus telefoniert. Zwei Polizistinnen holten mich heraus und nahmen mich mit. Sie bestellten noch zwei Polizisten und führten mich auf den Posten. Im Auto habe ich gesungen. Darauf wurde ich angerempelt und mir wurde verboten zu singen. Ich sagte, solange das Radio an sei, würde ich auch singen. Sie erwiderten, ich sei hier nicht zu Hause."

Auf dem Posten musste er sich schon zweimal vor einer Frau ausziehen.

Als Konsequenz aus seinen Erfahrungen hat das Quartier verlassen und sich eine Wohnung im Grossbasel genommen. Das Kleinbasel meidet er - auch wenn er sich dadurch in eine Isolation getrieben fühlt (sein ganzer Freundeskreis lebt im Kleinbasel).

Mit der Fremdenpolizei versteht er sich auch nicht gut. "Auf subtile Weise wurde mir mit Ausschaffung gedroht, dadurch, dass sie mir sehr lange meine Papiere nicht verlängerten". Sein Aufenthaltsstatus führte zu weiteren Problemen: "Ich konnte meinen Unterhalt nicht zahlen, weil ich keine richtige Arbeitsbewilligung hatte. Darauf wurde ich ohne Vorladung zu Hause abgeholt, in einen geschlossenen Polizeiwagen gesteckt und vor den Richter geführt".

Die Erlebnisse haben Spuren hinterlassen; I. fühlt sich hier nicht mehr wohl:

"Ich finde die Behörden hinterwäldnerisch und provinziell und dies in einem Land, das sich zivilisiert gibt. Ich kann mir für diese Art Umgang keine Erklärung machen." ... "Ich bin frustriert und enttäuscht über die Schweiz. Ich finde das Land rassistisch und gastunfreundlich, habe aber immer noch Hoffnung für ein gerechte Welt".





 

J. hat ebenfalls schon sehr unfreundliche Kontakte erlebt: "Ich wurde von zwei Polizisten bei der Kontrolle gefragt, was ich in der Schweiz mache und darauf wurde mir erklärt, dass Schwarze in der Schweiz unerwünscht seien".

Einmal wurde J. am frühen Abend auf den Posten mitgenommen, wo die Kontrolle einen Krümel Hanf zum Vorschein brachte. Dies reichte aus, um ihn bis morgens um 2 Uhr auf dem Posten festzuhalten und ihm Fr. 50.- abzunehmen (eine Verzeigung gab es nicht). Die häufigen Kontrollen nerven J.: "Ich kann mich nicht frei bewegen und ich vermeide nun gewisse Orte".


K. kam wenige Minuten nach Ablauf der Parkzeit zu seinem Auto und wollte mit dem Polizisten, welcher gerade einen Bussenzettel ausstellte diskutieren. Doch dieser rief nach Verstärkung. "Ich und mein Freund wurden darauf in Handschellen gesteckt und auf den Posten gebracht. Dort mussten wir uns ganz ausziehen. Mein Auto wurde vergebens nach Drogen durchsucht. Ein Polizist hat mir den Arm so fest auf den Rücken gedrückt, dass ich glaubte, er würde brechen. Ein anderer Polizist hat sich mit zurückgesteckten Aermeln in einer "Kampfpose" vor mich hingestellt. Es wurde schliesslich nichts beschlagnahmt. Nach einer halben Stunde durften wir telefonieren und gehen. Das Protokoll durfte ich nicht lesen."

K. ist Geschäftsmann und hat einen schwarzafrikanischen Stammkundenkreis, aus elchem ihm auch immer wieder "Müsterchen" zugetragen werden. Allgemein hat er den Eindruck gewonnen, dass die Basler Polizei schwarze Männer generell als "Drogendealer" und schwarze Frauen als "Prostituierte" sieht. Rassismus ist für ihn Alltag, sei es beim Einkaufen oder beim Discobesuch. Für Behördengänge hat er ein Rezept: "Ich ging immer in Begleitung von Schweizern dorthin, um ein Riesentheater zu vermeiden"


L. nervt sich über die häufigen Kontrollen: "Wenn man den Ausweis gibt, fangen die Fragen sofort an: Wohin gehst Du? Was hast Du in der Tasche? Fast immer muss man seinen Lebenslauf erzählen. Man fühlt sich wie ein Ausserirdischer." Die Folgen: "Man hat immer Angst, sobald man einen Polizisten sieht."


M. pflichtet dem bei und berichtet: "Ich wurde von einem Zivilpolizisten geschlagen. Meine Freundin, die mich verteidigen wollte, wurde auch geschlagen". Sie sei zudem als "schwarze Schlange" bezeichnet worden. Inzwischen hat M einfach nur "Angst" vor der Polizei.


 

N. wird häufig kontrolliert, jedoch: "Ich werde vor allem kontrolliert, wenn ich mich draussen aufhalte und weniger, wenn ich zur Arbeit gehe."


O. mag die Art, wie er kontrolliert wird nicht: "Ich fühle mich erniedrigt". Er schildert eine Mitnahme auf den Posten: "Ich wurde in Handschellen gesteckt, musste mich ausziehen und wurde 45 Minuten bis eine Stunde, ohne etwas verbrochen zu haben, eingeschlossen."

Die Konsequenzen sind klar: "Ich empfinde es für notwendig, gewisse Orte, wo die Polizei oft ist, zu vermeiden (Kaserne, Claraplatz)".


Das Zitat

Die "Kommission gegen Rassismus und Intoleranz" (ECRI) des Europarats empfiehlt in ihrem "Dritten Bericht über die Schweiz"" vom 27.06.03 u.a. folgendes:
 

«ECRI fordert die Behörden dringend auf, dass die Praxis beendet wird, mit welcher gewisse Stadtbezirke für bestimmte Gruppen von Minderheiten durch gezielt auf diese Gruppen angesetzte Polizeikontrollen de facto gesperrt werden»
(Art.36)
 

«ECRI empfiehlt den Behörden, gezielt etwas zu unternehmen, um der Feindseligkeit gegenüber Schwarzafrikanern in der Schweiz und ihrer Benachteiligung entgegenzutreten. Besonders sollte darauf geachtet werden, dass öffentliche Amtsträger, insbesondere Polizisten, Angehörige dieser Gruppe nicht in irgendeiner Weise benachteiligen oder sie diskriminierend behandeln und bei der Bekämpfung des Drogenhandels und sonstiger strafbarer Handlungen nicht pauschal ganze Personengruppen verdächtigen oder diskriminieren.
Wichtig ist, dass Verfahren wie Identitätskontrollen, Verbringung in Polizeigewahrsam und Leibesvisitationen - oft auf offener Strasse vorgenommen - nicht allein auf Grund der Hautfarbe des Betroffenen vorgenommen werden. (...) In der Polizeiausbildung sollte auch verstärkt darauf hingewirkt werden, diskriminierende Vorgehensweisen der beschriebenen Art zu unterlassen.»
(Art.92)


 

 
 
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