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Die Basler Polizei in Kriegszeiten: Mit Gummischrot, Tränengas und DNA-Analysen gegen FriedensaktivistInnen
März 2003
 


Der US-Krieg gegen den Irak trieb Millionen von Menschen auf die Strassen. Auch in Basel demonstrierten tausende. Das aggressive Verhalten der Basler Polizei hat zur Gründung eines neuen Anti-Repressions-Telefons geführt.

 
 

Zu Beginn des Irakkriegs war die Basler Polizei nach eigenen Angaben nicht zu beneiden: Eine sehr selten gewordene Dichte an Demos versetzte die Beamten in Alarmbereitschaft. Die - vielen jungen - DemonstrantInnen wanderten durch die Stadt und legten gelegentlich den Verkehr im Zentrum lahm.

Hatten im letzten Dezember noch einige hundert Personen gegen einen möglichen Krieg im Irak demonstriert und damit der FDP den freien Weihnachts-Samstags-Einkauf vermiest, fanden sich am Tag nach Kriegsausbruch tausende von Menschen in den Strassen wieder. Am Morgen waren es laut Medienberichten 7000 SchülerInnen, die nach der grossen Pause ihre Schulhäuser verliessen und sich auf dem Barfüsserplatz versammelten. Ein beeindruckender Marsch zog mit Gesängen, Sprechchören und fantasievollen Transparenten durch die Innenstadt.

Für den Abend rief das Basler Bündnis gegen den Krieg zu einer Demo auf. Wieder kamen mehrere tausend Leute, die auf der etwa gleichen Route demonstrierten.

Und - arme Polizei! - bereits 24 Stunden später zogen erneut die Horden, die sich mit dem Krieg nicht einverstanden erklärten, durch die Strassen. Mittlerweile war die Stadt prophylaktisch mit knallorangen Töffpolizisten gespickt, und die Rollläden am Bankenplatz waren allesamt heruntergezogen.

 
 

Massenkontrolle auf der Mittleren Brücke

Zur Eskalation kam es am Samstagabend, 22. März. Nach der nationalen Antikriegsdemo in Bern (an der die Polizei Tränengaspetarden auf den mit 40 000 Menschen gefüllten Bundesplatz abschoss) fand in Basel ein antifaschistischer Abendspaziergang statt. Gleichzeitig lümmelten zahlreiche frustrierte Fussballfans in der Stadt herum, was die Nervosität der Polizei steigerte. Schliesslich kesselten die Beamten die Demonstration auf der Mittleren Brücke ein und traktierten die ManifestantInnen mit Gummischrot und Tränengas. 177 Menschen, fast die Hälfte von ihnen minderjährig, mussten ihre Personalien angeben. Es kam auch zu einzelnen Verhaftungen und unschönen Prügelszenen. Mehrere TeilnehmerInnen der Demo mussten erfahren, dass der Wille sich auszuweisen keineswegs davor schützt, von der Polizei zusammengeschlagen zu werden.

In den folgenden Tagen veranstaltete die Polizei eine regelrechte Hatz auf politisch denkende Jugendliche. Es gab etliche Kontrollen, Verhaftungen und Verletzte. Ein Velofahrer landete beispielsweise nackt in einer Arrestzelle, ein anderer Jugendlicher wurde von der Polizei zu Boden geprügelt und dann von einem Polizeihund mehrmals gebissen.

Üblicherweise vergeht einige Zeit zwischen Verhaftung und Vorladung - nicht so diesmal. Die meisten ersten Einvernahmen zur Demo wurden bereits im April abgehalten. Alle Vorgeladenen wurden des Landfriedensbruchs beschuldigt, einzelne erhielten Zugaben wie Sachbeschädigung, Gewalt und Drohung gegen Beamte, versuchte einfache Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand etc. Einer wurde ein zweites Mal zum erkennungsdienstlichen Fotoshooting aufgeboten, weil seine Fahndungsfotos nach Angaben der Polizei misslungen seien ...

 

Von mehreren Betroffenen - viele davon minderjährig - wissen wir, dass sie einen DNA-Abstrich über sich ergehen lassen mussten. Wofür diese Massnahme genau dienen soll, ist nicht bekannt. Gerüchteweise wird kolportiert, dass die Abstriche irgendwo zwischenlagern. Niemand denke daran, die 600-800 Franken teure Analyse pro Probe durchzuführen. Wurde die Probe also nur genommen, um die Jungs und Mädels einzuschüchtern?

FDP-Regierungsrat Jörg Schild, oberster Polizeichef des Kantons, hat sich zu den Vorfällen in der Öffentlichkeit bisher nicht geäussert. Das Reden vor den Seinen fällt ihm offenbar leichter: Anfang Mai bekundete er an einer Zusammenkunft des Polizeiverbandes seine Solidarität mit seinen Untergebenen.

Aufgrund all dieser Vorkommnisse formierte sich ein Komitee besorgter Eltern (Postfach 42, 4004 Basel, Tel. 076 475 75 34) sowie eine Anti-Repressions-Gruppe, die ein Anti-Rep.-Telefon betreut. Die Gruppe sammelt Informationen zu den Kontrollen, Verhaftungen und Verletzungen und versucht, Betroffenen weiterzuhelfen. Die Vernetzung der Betroffenen ist wichtig, damit niemand der Polizei alleine gegenüberstehen muss. Kontakt zum Anti-Rep.-Telefon gibts über Tel. 079 608 91 86 (während Aktionen offen, sonst Combox) oder per Post an Anti-Rep.-Telefon, c/o augenauf, Postfach 527, 4005 Basel.