Am 30. März 2023 schiesst die Kantonspolizei Bern mit einem Taser auf einen aufgebrachten Geflüchteten, der im Asylbunker Riedbach untergebracht ist. Was genau bei dem Einsatz passierte, ist nicht vollständig geklärt. augenauf Bern stellt der Kantonspolizei Fragen zum Einsatz:

Fragen zum Tasereinsatz vom 30. März 2023

Sehr geehrte Damen und Herren

Am Morgen des 30. März 2023 kam es zu einer Schussabgabe mit einem Taser durch die Kantonspolizei Bern. Dabei wurde eine Person getroffen. Bei der betroffenen Person handelt es sich um einen Geflüchteten, welcher auf Anordnung des Kanton Bern in der Zivilschutzanlage in Bern Brünnen (nachfolgend Riedbachbunker genannt), leben musste. Diese Anlage wird zurzeit als Asylunterkunft benutzt. Die ORS AG ist für den Betrieb des Riedbachbunkers mandatiert. Dem Vorfall ging laut Aussagen von Anwesenden ein Streit zwischen der betroffenen Person und einem ORS-Mitarbeitenden voraus.

Laut Angaben von Anwesenden und der Medienstelle der Kantonspolizei (siehe Artikel «Polizeieinsatz beim Asylbunker in Brünnen» vom 1. April 2023, Hauptstadt) ereignete sich der Vorfall der Schussabgabe auf einem Weg vor dem Riedbachbunker.

Gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip stellt augenauf Bern folgende Fragen zum Einsatz des Destabilisierungsgerätes (Taser) vom 30. März 2023 vor dem Riedbachbunker:

  1. Um welche Zeit wurde die Polizei durch einen Mitarbeitenden der ORS telefonisch angefordert? Um welche Zeit ist die Polizei beim Riedbachbunker eingetroffen?
  2. Welche Informationen über die vorherrschende Situation erhielt die Polizei durch den Mitarbeiter der ORS AG? Auf welche Situation haben sich die Beamt:innen eingestellt?
  3. Wie lange dauerte es vom Aufeinandertreffen der Polizei bis zum Einsatz des Tasers? (Zeitspanne zwischen der Begegnung und der Schussabgabe?)
  4. Laut der Medienstelle der Polizei forderten die Einsatzkräfte den Mann unter Waffenhoheit auf, die Glasscherben, die er in den Händen hielt, fallen zu lassen. In welcher Sprache haben die Polizist:innen mit der aufgebrachten Person kommuniziert? Wurden zur Ermöglichung oder Vereinfachung der Kommunikation anwesende Drittpersonen beigezogen?
  5. Hat die Kantonspolizei Deeskalationsstrategien für den Umgang mit Personen in psychisch schlechter Verfassung? Wenn ja, wie sind diese ausgestaltet? Inwiefern haben die anwesenden Beamt:innen versucht, die konkrete Situation zu deeskalieren?
  6. Welche Gefahrensituation rechtfertigt die sofortige Bedrohung einer aufgebrachten Person mit einer Schusswaffe und mit einem Taser?
  7. Welches konkrete Verhalten der aufgebrachten Person führte dazu, dass das Gefahrenpotential so hoch eingeschätzt wurde, dass aus Sicht der Polizeibeamt:innen nur noch die Abgabe eines Schusses mit dem Taser eine Option war?
  8. Wie viele weitere Personen waren auf dem Weg vor dem Bunker in der unmittelbaren «Gefahrenzone»?
  9. Trugen die beteiligten Polizist:innen Bodycams und waren diese eingeschaltet? Wenn ja, wer analysiert das Bildmaterial? Wenn nein, wieso werden Bodycams in als so gefährlich eingeschätzten Situationen nicht eingesetzt?
  10. Wie lange wurde die betroffene Person getasert?
  11. Wird der Vorfall untersucht? Wenn ja, durch wen?
  12. Wohin wurde die elektrogeschockte Person anschliessend durch die Polizei gebracht?
  13. Wie sah die konkrete Nachbetreuung aus?
  14. Von der Medienstelle der Polizei wird erwähnt, dass der Mann «für weitere Abklärungen bezüglich seinem psychischen Gesundheitszustand, sowie für allfällige in diesem Zusammenhang notwendigen Massnahmen in ärztlicher Obhut belassen wurde». Was bedeutet «weitere Abklärungen bezüglich seines psychischen Gesundheitszustandes»? Welche Abklärungen wurden beim Einsatz vor Ort gemacht?
  15. Wie ernsthaft wurde die betroffene Person beim Einsatz verletzt? Wie geht es ihr jetzt und wo ist sie?
  16. Hätte die Polizei in einer ähnlichen Situation mit anderer Besetzung (z.B. eine weissgelesene Person, in einem Einfamilienquartier, die Schweizerdeutsch spricht) gleich reagiert?
  17. Wie oft wurden Taser im Jahr 2023 von der Kantonspolizei Bern eingesetzt?
  18. Führt die Kantonspolizei Bern eine Statistik über Verletzungen und Folgen von Tasereinsätzen? Wenn ja, wo ist diese einsehbar? Wenn nein, wieso wird keine Statistik geführt?

Vielen Dank für Ihre Antworten. Für Rückfragen können Sie sich gerne per Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! mit uns in Verbindung setzen.

Freundliche Grüsse

augenauf Bern

 

Hier die Fragen als PDF.

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