Von der Notwendigkeit einer autonomen, nichtstaatlichen Menschenrechtsgruppe in der Schweiz

augenauf wurde im Frühjahr 1995 gegründet. Die Initiative dazu ging von befreundeten Einzelpersonen aus. Die damals formulierten Ziele waren – und sind immer noch – das uneingeschränkte Engagement für die Verteidigung der Grundrechte aller, sei es in Gefängnissen, Rückführungszentren, Asylunterkünften und Containern, in den Flughafen-Transiträumen, auf der Gasse oder auf Polizeiposten.

Die Gruppe augenauf begreift als ihre Hauptaufgabe, aktuelle Menschenrechtsverletzungen aufzudecken, zu dokumentieren, zu veröffentlichen und sich für diejenigen einzusetzen, deren Rechte verletzt worden sind. Wir beschäftigen uns mit Justizwillkür, Diskriminierung von Flüchtlingen, Fremdenfeindlichkeit und der rassistischen Praxis der offiziellen Asyl- und Flüchtlingspolitik und der Polizei. Wir beschäftigen uns auch mit so genannten "Demonstrationsdelikten" (lebensgefährliche Tränengaseinsätze, Misshandlungen, Tasereinsätzen, Einkesselungen usw.). Andererseits sind wir auch gewillt, Verletzungen von Grundrechten aufzuspüren, die nicht unmittelbar zutage treten und die im System beziehungsweise in den gesellschaftlichen Strukturen und Entwicklungen angelegt sind.

Was tut augenauf?
Die drei Lokalgruppen konzentrieren ihre Arbeit vor allem auf die Situation im Umgang mit Grund- und Menschenrechten in den Städten Zürich, Bern und Basel sowie deren Umgebung. Die Schwerpunkte, Themen und Aktionen können sich ständig verändern, deshalb werden aktuelle Fragestellungen jeweils neu aufgegriffen und bearbeitet. Einige grundlegende Themen beschäftigen die Gruppen jedoch immer wieder, zum Beispiel Polizei- und Behördenübergriffe, willkürliche Verhaftungen und Wegweisungen, Ausschaffungen, staatliche Vertreibungs- und Abschottungspolitik (z.B. die Verletzung des Grundrechts, überhaupt ein Asylgesuch stellen zu können), Diskriminierung von Flüchtlingen und Migrant_innen sowie die Einteilung (Spaltung) von Ausländer_innen in verschiedene Kategorien, unzulässige Haftverlängerungen, unzureichende medizinische und psychologische Hilfe oder Betreuung der Betroffenen, gesetzeswidrige Kündigungen der Krankenversicherungen, schikanöse Zugangskontrollen, unzulässige Aus- und Eingrenzungen, Sippenhaftung und Administrativstrafen in den Durchgangszentren und Notunterkünften für Asylbewerberinnen und Asylbewerber.

augenauf ist keine Hilfsorganisation
Wir versuchen aber in Einzelfällen und soweit es die Kapazität der einzelnen augenauf-Mitglieder ermöglicht, juristische und andere Hilfestellung zu leisten.

Schwerpunkte der derzeitigen Arbeit sind:
- Gefangenenhilfe und Gefangenenbesuche im Ausschaffungsgefängnis, sofern genügend Ressourcen zur Verfügung stehen.
- Vermittlung von Anwältinnen und Anwälten und Anlaufstellen für Flüchtlinge und Sans Papiers.
- Aufdecken von Misshandlungen durch Polizeibeamte während und nach Verhaftungen.
- Beobachtung des Demonstrationsrechts und Veröffentlichung allfälliger Polizeiübergriffe.
- Aufdecken von Missachtung und Verletzung der Grundrechte im Namen der "Inneren Sicherheit".
- Prozessbeobachtungen bei Gerichten. Hilfestellung bei gerichtlichen Problemen und Weitervermittlung an zuständige Anhörungs- und Beschwerdestellen.
- Kontakte zu Bewohnerinnen und Bewohnern in Asylunterkünften, Wohn-Containern und Zivilschutzbunkern.
- Kritische Beobachtung der privatisierten Asylbetreuungsorganisationen und der allgemeinen Unterbringungssituationen.
- Suche nach den Verschwundenen, die zwangsweise aus der Schweiz ausgeschafft wurden.
- Umfassende Aufdeckung der durch die Behörden verursachten Todesfälle von Khaled Abuzarifa, Samson Chukwu, Hamid Bakiri, Abdi Daud und Joseph Chiakwa, Vertretung der Hinterbliebenen und deren Schadensersatzansprüche an die Schweiz.
- Bekämpfung der repressiven Asyl- und Ausländer_innenpolitik mittels Demonstrationen und vielfältigen Veranstaltungsreihen.
- Kontakte zu anderen kritischen Gruppen, Organisationen und manchmal auch zu so genannt bürgerlichen Institutionen, die wir mit Informationen beliefern, sowie Kontakte zu Eltern und Lehrerschaft (Kampagnenberatung/Coaching etc.)
- Veröffentlichung sämtlicher Informationen von Übergriffen, Schikanen und Menschenrechtsverletzungen seitens der Behörden und der Polizei. Dazu nutzen wir diverse Möglichkeiten: Das augenauf-Bulletin, Pressekonferenzen, Zusammenarbeit mit einzelnen Journalistinnen und Journalisten, Pressecommuniqués, offene Leserbriefe, Medienmitteilungen usw.

Aktionen
augenauf organisiert regelmässig Aktionen, Demonstrationen oder Kundgebungen. Dazu werden Kontakte mit verschiedenen befreundeten Organisationen aufgenommen. Bei Aktionen, die von anderen Gruppen und Bündnissen getragen werden, engagieren wir uns von Fall zu Fall z.B. mit Redebeiträgen.

Neue Mitglieder sehr erwünscht
Von neuen Mitgliedern werden nebst einem kontinuierlichen linken Engagement und der politischen Auseinandersetzung auch die Teilnahme an den wöchentlichen Sitzungen und jährlichen augenauf-Weekends erwartet. Interessent_innen melden sich bei den regionalen Gruppen für eine erste Kontaktaufnahme.

Wichtig ist:
Linkes politisches Engagement, Respekt gegenüber Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten und gegenüber allen anderen "Minderheiten", ohne sie zu bevormunden. Wir versuchen, egalitär und herrschaftsfrei zu denken und zu handeln und unsere Arbeit entsprechend zu organisieren. Flüchtlings-Eigeninitiativen, z.B. das "SICH-ZUR-WEHR-SETZEN" (ziviler Ungehorsam, kollektive Streikaktionen - zum Beispiel in den Ausschaffungsgefängnissen, eigenständige und selbst organisierte Protestaktionen aller Art, Rückschaffungsverweigerung usw.) sollen von der Gruppe augenauf solidarisch und logistisch unterstützt werden. Das politische Verständnis sollte so sein, dass man politische Arbeit nicht nur für die Migrant_innen und Flüchtlinge macht, sondern auch für die eigene Befreiung und für die Schaffung einer freien gerechten Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Homophobie und andere Diskriminierungen.

Und auch das...
Das augenauf-Bulletin erscheint mindestens viermal im Jahr. Die Bulletin-Redaktion ist in Basel beheimatet, die Beiträge werden von allen augenauf Gruppen (Zürich, Basel, Bern) zu gleichen Teilen verfasst und veröffentlicht. Aus Kostengründen haben wir kein Büro. Deshalb sind wir auch keine Anlaufstelle, die über konstante Öffnungszeiten verfügt. Wir sind über den Telefonbeantworter oder über Email erreichbar. Telefon- und Email-Anfragen werden so schnell wie möglich beantwortet.

In das, was die Gruppe augenauf sagt, unternimmt und tut, fliessen viele Erfahrungen eines langjährigen Engagements derjenigen mit ein, die diese Gruppe tragen. Neben einem zeitlich grossen, aber je nach persönlicher Situation auch stark unterschiedlichen Engagement erwarten wir deshalb von neuen aktiven Mitgliedern den Willen, in einer bunt zusammen gewürfelten Gruppe konstruktiv mitzuarbeiten. Die Gruppe augenauf ist staatlich unabhängig, finanziert sich ausschliesslich durch freiwillige Spendenbeiträge, und die Mitglieder arbeiten alle ehrenamtlich.

augenauf Zürich, Bern und Basel
2. November 2013