Tod im Thurhof | ||
Chronologie der Berichterstattung |
Hätten sich nicht empörte Heimbewohner bei der St. Galler Anlaufstelle gegen Rassismus «CaBi» und bei augenauf gemeldet, so wäre der tragische Vorfall von den Verantwortlichen wohl im Flüsterton abgehandelt und dann diskret zu den Akten gelegt worden.
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Der Ablauf im Einzelnen: |
Freitag 14. Februar 2003 |
Mittag: augenauf verschickt eine Medienmitteilung mit ersten Erkenntnissen zum tragischen Vorfall. |
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Nachmittag: In Online-News-Tickern erscheint die von der SDA verbreitete augenauf-Meldung. Die Polizei bestätigt den Todesfall, kann und/oder will jedoch keine näheren Angaben zum Fall machen.
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früher Abend: Erste Stellungnahmen von Heimleitung, Sozial-Behörde und Polizei. Pannen bei der Alarmierung der Ambulanz werden dementiert. Die Todesursache müsse noch abgeklärt werden.
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Abend: Die Behörden beschliessen, eine «Drogen-Überdosis» als Todesursache zu bezeichnen: «"Der Mann starb an einer Überdosis Drogen", weiss Thomas Wieland (Abteilungsleiter Asylkoordination im St. Galler Departement des Innern). Die genauen Umstände würden jetzt abgeklärt.» (Zitat Tagblatt 15.03.02)
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16.-20. Februar 2003 |
Funkstille. Anfragende Journalisten werden mit dem Hinweis auf laufende Ermittlungen abgefertigt. Die St. Galler Anlaufstelle gegen Rassismus «CaBi» kritisiert die bisherigen Erklärungen («keine Fehler seitens Verantwortlicher», «Überdosis») scharf: Die Umstände, die zum Tode führten dürfen nicht «leichtfertig in die Ecke rufschädigender Spekulationen abgeschoben werden» [..] «Das schreckliche Sterben des jungen Mannes wird mehr als voreilig ihm selber in die Schuhe geschoben.» Mögliche Fehler und Unterlassungen seitens der Behörden würden unterschlagen, die Aussagen der Bewohner und Zeugen weder angehört noch berücksichtigt. «Wir verlangen eine unparteiische Abklärung unter Berücksichtigung aller Tatsachen.» (Zitate gemäss WoZ.20.2.03)
«Auch die Regierung wird sich mit dem Fall beschäftigen. SP-Kantonsrätin Paola Höchner (Rheineck) reichte dazu eine Interpellation ein. Sie will unter anderem wissen, ob die ärztliche Diagnose richtig gestellt und warum der Mann nicht ins Spital überwiesen wurde. Die Regierung muss auch zur Untersuchung des Todesfalls Auskunft geben und erklären, welche Massnahmen getroffen werden, "damit sich solche tragische Ereignisse nicht wiederholen".» (Zitat Tagblatt.20.2.03)
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Donnerstag 20. Februar 2003 |
Die Behörden hüllen sich noch immer in Schweigen. Die angebliche Überdosis scheint jedoch als Todesursache nicht mehr so gesichert: «Im für die Asylzentren zuständigen Amt für Soziales gibt es vorläufig keine weiteren Informationen zum Todesfall. Man wolle nun den Ablauf der Ereignisse zuerst intern abklären, begründet Ursula Blosser, Leiterin des Amtes für Soziales. Das definitive Ergebnis der Untersuchung über die Todesursache stehe ebenfalls noch aus. "Sobald Resultate vorliegen werden wir informieren", kündigt sie an.» (zitiert nach Tagblatt, 20.02.03)
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... 6 Wochen lang herrscht Funkstille |
Donnerstag 3.04. 2003 |
Die Drogenthod-These ist vom Tisch! Gemäss neuesten Erkenntnissen sei der Mann an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben (allerdings seien die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen), verkündet die St. Galler Regierung und weist im selben Atemzug jegliche Vorwürfe zurück. «Eine Lungenentzündung sei die Ursache des Todes eines 22-jährigen Asylbewerbers aus Nigeria am 12. Februar 2003 im Asylzentrum in Niederbüren gewesen, teilte die St. Galler Regierung am Donnerstag mit. Mit SARS hat der Fall nichts zu tun.
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Montag 7.04. 2003 |
Der Presse gelingt es nicht, der Regierung weitere Informationen zu entlocken. Daher wird 4 Tage später im Wesentlichen das entsprechende Communiqué zitiert: «[...] In einer ersten Information wurde der Tod mit Drogen in Zusammenhang gebracht. Das entsprach dem damaligen Wissensstand des Instituts für Rechtsmedizin. Mit den weiteren Abklärungen stellte sich jedoch eine andere Todesursache heraus. Der Asylsuchende verstarb an einer virusbedingten Lungenentzündung, die nicht mit SARS im Zusammenhang steht, so die Mitteilung des Departements. Ob und wie weit in Bezug auf die Hilfeleistung vor Ort und die Einlieferung in das Spital der Krankheitszustand des Asylsuchenden ungenügend eingeschätzt wurde, sodass ein situations- und zeitgerechtes Handeln unterblieb, lasse sich erst auf der Basis der laufenden Sachverhaltsabklärungen eruieren. Das zuständige Departement werde die Öffentlichkeit darüber informieren, sobald gefestigte Erkenntnisse vorliegen. Dabei werde auch dem Persönlichkeitsschutz des verstorbenen Asylsuchenden Rechnung getragen werden müssen. [...] » |
Montag 14.04. 2003 |
Das CaBi organisiert für den 13.04. eine Diskussionsveranstaltung: «[...] Knapp 30 Personen haben sich an diesem Sonntagmittag im Studio des Theaters St. Gallen eingefunden - zum Gespräch über «einen vermeidbaren Tod», wie es in der Einladung der Anlaufstelle gegen Rassismus «CaBi» St. Gallen heisst. Gemeint ist der Tod eines 22-jährigen Nigerianers. Er war Mitte Februar im Zentrum für Asylsuchende in Oberbüren verstorben. An einer virusbedingten Lungenentzündung, wie die St.Galler Regierung vergangene Woche mitteilte. Die Untersuchungen sind allerdings noch nicht abgeschlossen. [...] »
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Montag 12.05. 2003 |
Die Demo vom 10.05. stösst nur auf geringes Medienecho. Nur gerade das "Tagblatt" berichtet mit einem grösseren Artikel. Dabei werden erstmals auch Vorwürfe gegen das Heim laut, welche nicht direkt mit dem Todesfall zusammenhängen: «[...] Darauf wurde ein englischer Text vorgetragen, den Freunde von Toni geschrieben hatten. Darin wurden die Verhältnisse im «Thurhof» angeprangert: man behandle die Asylbewerber wie Sklaven, das Essen sei schlecht und die Zimmer klein. [...] »
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Montag 25.05. 2003 |
Im Rahmen eines Artikels über Klagen gegen Behörden teilt das "Tagblatt" mit, dass «Klage wegen fahrlässiger Tötung und unterlassener Hilfeleistung von der Familie des im Thurhof verstorbenen Asylbewerbers eingereicht wurde. Sie richtet sich gegen die Verantwortlichen des Asylzentrums und gegen die Leitung des Amtes für Soziales». Die Anklagekammer habe die Klage allerdings noch nicht beurteilt ...
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Mittwoch 25.02. 2004 |
Das "Tagblatt" informiert über den Stand der Ding. Die Umstände, welche zum Tod des Nigerianers führten, seien noch immer nicht geklärt, aber die Untersuchung stehe kurz vor dem Abschluss.
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